Zu den noch unentdeckten literarischen Hoffnungsgebieten der deutschen Sprache zählt die bezirkshauptmannschaftliche Anonymverfügung. Vor allem im Raume Wien und Umgebung widmet sich hier eine ambitionierte Künstlergruppe, gleichsam experimentell wie überwachungsorganisch, dem zeitgenössischen Straßenverkehr und seinen Teilnehmern. Die Themen kehren immer wieder und ziehen sich wie ein roter Faden durch das Schaffen: Auto, Sünde, Laster, Buße und Vergeltung.

Exemplarisch wollen wir hier ein Kleinod rezitieren, zu welchem sich ein uniformierter Vertreter der modernen Dichtkunst im Ortsgebiete des weinlaunigen Gumpoldskirchen inspirieren hatte lassen.

Tatbeschreibung: Als Lenker des Kraftwagens während des Fahrens tagsüber Abblendlicht, Nebellicht, sofern dieses mit in die Fahrzeugfront integrierten Nebelscheinwerfern ausgestrahlt wird oder spezielles Tagfahrlicht nicht verwendet, auch wenn keine Sichtbehinderung durch Regen, Schneefall oder Nebel vorlag.

Dass Lyrik solcherart tiefsinniger Lichtblicke nicht unentgeltlich konsumierbar ist, leuchtet ein: "Es wird folgende Geldstrafe verhängt: Euro 25,00." (Daniel Glattauer, DER STANDARD - Printausgabe, 28. Jänner 2008)