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Romano Prodi nach seinem Sturz. Inzwischen bastelt Oppositionschef Silvio Berlusconi bereits an einem Wahlprogramm.

Foto: APA/EPA/Alessandro Di Meo
Rom - 61 Prozent der Italiener sind für vorgezogene Wahlen zur Lösung der Krise nach dem Sturz der Mitte-Links-Koalition von Ministerpräsident Romano Prodi. Lediglich 33 Prozent der Befragten hätten sich für eine Übergangsregierung ausgesprochen, wie sie von Präsident Giorgio Napolitano favorisiert wird, berichtete die italienische Tageszeitung "Corriere della Sera" am Sonntag weiter.

Der Umfrage zufolge würde eine vorgezogene Wahl von der Rechten unter Führung von Prodis Vorgänger Silvio Berlusconi gewonnen. Sie kann demnach mit 54,5 bis 57,6 Prozent der Stimmen rechnen. Die Linke käme auf 42,4 bis 45 Prozent. Eine zweite Umfrage sagte Berlusconi einen Vorsprung von bis zu 35 Sitzen im Senat voraus, wo Prodi nur eine hauchdünne Mehrheit hielt.

Schock bei den Linken

Das nach dem Sturz der Regierung Prodi geschockte italienische Linkslager sucht eine politische Strategie für die nächsten Wochen. Der zurückgetretene Ministerpräsident Romano Prodi hat Beratungen mit den Spitzenpolitikern der Mitte-links-Allianz "Unione" in die Wege geleitet. "Wir wollen ergründen, welche politischen Kräfte sich für die Wahlreform einsetzen wollen", sagte der Chef der Demokratischen Partei (PD, stärkste Regierungspartei), Walter Veltroni.

Das gegenwärtige System mit einer niedrigen Sperrklausel und Bonusmandaten für den Wahlsieger bevorzuge kleinere Parteien und verhindere die Bildung stabiler Regierungen, verlautet aus dem Linkslager. Im aktuellen, 2006 gewählten Parlament sind 24 Parteien vertreten.

Komplott der Zentrumsparteien

Die altkommunistische Rifondazione Comunista macht aus ihrer Bitterkeit kein Hehl. "Mir tut es sehr leid. Erst jetzt hatten wir wirklich begonnen, Rentner und Arbeitnehmer mit einer aktiven Lohn- und Rentenpolitik zu unterstützen. Doch das Komplott der Zentrumsparteien hat unsere Bemühungen zerstört", sagte Sozialminister Paolo Ferrero, Spitzenpolitiker der Rifondazione. "Nie wieder mit christdemokratischen Parteien an der Regierung", lautet jetzt der Slogan der "Rifondazione"

Gespräche mit Staatspräsident Napolitano

Staatspräsident Giorgio Napolitano hat am Samstag seine Gespräche über eine Beilegung der Regierungskrise fortgesetzt. Nach den Treffen mit den Präsidenten von Senat und Abgeordnetenkammer traf Napolitano am Samstag mit den Parteichefs kleinerer Parteien zusammen. Napolitano empfing auch den Chef der christdemokratischen Udeur, den zurückgetretenen Justizminister Clemente Mastella. Dieser hatte mit dem Austritt seiner Partei aus Prodis Regierungskoalition die Krise in Rom ausgelöst.

Napolitano empfing im Quirinalpalast auch eine Delegation der Südtiroler Volkspartei (SVP). Die SVP-Gruppensprecher im Kammer und Senat, Siegfried Brugger und Manfred Pinzger, sagten nach dem Gespräch mit Napolitano, sie seien gegen vorgezogene Parlamentswahlen, die die Probleme des Landes nicht lösen würden. Brugger sprach sich sich für eine Übergangsregierung aus, die mit der Billigung einer Wahlrechtsreform beauftragt werden sollte. Modell sei die Übergangsregierung, die der Ex-Notenbankchef Carlo Azeglio Ciampi im Jahr 1993 übernommen hatte.

Die Vorsitzenden der größten Gruppierungen der Regierungskoalition und der Opposition trifft Napolitano am Montag. Die Konsultationsrunde schließt Napolitano am Dienstag ab. Mit einer schnellen Beilegung der Regierungskrise rechnete in Italien niemand.

Eine von der Opposition geforderte Neuwahl lehnt Napolitano ab. Das Staatsoberhaupt zieht stattdessen nach eigenem Bekunden die Bildung einer Regierung von renommierten und unabhängigen Fachleuten (Technokraten) vor. Während Prodi auf Wunsch des Präsidenten weiterhin geschäftsführend im Amt bleibt, fordert die Opposition Neuwahlen. "Wir müssen schnellstmöglich an die Urnen gehen", sagte der ehemalige Regierungschef Silvio Berlusconi. Die Gespräche Napolitanos waren bis Dienstag terminiert.

Berlusconi hofft auf Comeback

21 Monate nach seiner Niederlage bei den Parlamentswahlen 2006 spürt Oppositionschef Silvio Berlusconi wieder Rückenwind. Nach dem Sturz der Regierung um Ministerpräsident Romano Prodi macht der TV-Zar kein Hehl daraus, dass er auf ein Comeback hofft und wieder vom Premierposten träumt. Von einer Übergangsregierung mit der Aufgabe, für Italien ein neues Wahlgesetz zu verfassen, will der 71-jährige Berlusconi nichts wissen: Neuwahlen sind sein einziges Ziel.

"Nach Prodis Sturz hat in Italien de facto die Wahlkampagne begonnen, und dies ist, was die Italiener wollen; das ist, was die Demokratie verlangt. Ich gebe zu, dass Prodi eine schwierige Koalition verwalten musste und sein Bestes gegeben hat. Doch jetzt muss man ein neues Kapitel beginnen, man muss wieder wählen", sagte der Optimismus versprühende Berlusconi. "Die Mitte-Rechts-Allianz kann die Wahlen mit einem Vorsprung von zehn Prozent gewinnen", versicherte der Mailänder.

Der TV-Unternehmer, der zwischen 2001 und 2006 als Premierminister amtiert hatte, arbeitet bereits an einem Wahlprogramm. Senkung der Steuer auf Eigentumswohnungen (ICI), Bau der von Prodi eingefrorenen "Monsterbrücke" zwischen Sizilien und dem Festland, sowie Maßnahmen gegen die chronische Müllkrise im Großraum von Neapel sind einige Prioritäten der TV-Königs, der vor 14 Jahren in die Politik eingestiegen ist.

Die Hoffnung auf Neuwahlen beflügelt Berlusconis Allianz. Die Spannungen der letzten Monate nach der von Berlusconi angekündigten Gründung der neuen Mitte-Rechts-Partei Volk der Freiheiten, die Unmut unter den Verbündeten ausgelöst hatte, sind vergessen. "Berlusconi und ich sind nicht naiv. In einer derart heiklen Phase müssen wir vereint sein, um den Bedürfnissen, nicht nur der Mitte-Rechts-Wähler, sondern aller Italiener zu entsprechen", berichtete Berlusconis Verbündeter, der Chef der Rechtspartei Alleanza Nazionale (AN), Gianfranco Fini.

Italiens Industriellenchef Luca Cordero di Montezemolo kritisierte die jüngste politische Entwicklung in Italien. "Im Senat hat sich ein trauriges Spektakel mit schändlichen Szenen abgespielt. Wir alle müssen 'Schluss' sagen. Italien braucht Parlamentswahlen mit einem neuen Gesetz. Das Land kann sich keine neue Phase aus instabilen Koalitionen leisten", erklärte Montezemolo. (APA/red)