Wien - Die Versicherungswirtschaft, die sich von den Auswirkungen des Klimawandels massiv betroffen sieht, will künftig "proaktiv" an das Problem herangehen, erklärte Torsten Jeworrek, Vorstand der Münchener Rück, bei einer Pressekonferenz der Österreichischen Hagelversicherung. Ziel dabei ist, die "langfristige Prämienbasis" zu erhalten, die angesichts der prognostizierten mehr Naturkatastrophen mit gleichzeitig höheren Schäden labil werden könnte.

Diese proaktive Herangehensweise basiert auf zwei Hauptsäulen. Bei den 170 Milliarden Euro, die der weltgrößte Rückversicherer aus Prämien seiner Kunden am Markt hat, werde man auf eine verstärkte Risikostreuung achten, erklärte Jeworrek. Schon jetzt seien 80 Prozent davon nach Nachhaltigkeitskriterien ausgerichtet - also nach Kriterien, die bemessen, wie anfällig eine Branche oder Investition auf den Klimawandel ist.

Außerdem werden neue Produkte entwickelt, die unter dem Schlagwort "Versicherungsschutz für neue Technologien zur Mitigation und Anpassung an den Klimawandel" firmieren. Damit wird gemeint, dass die Münchener Rück Versicherungsgeschäfte rund um Emissionshandel und Klimaschutzprojekte entwickeln wird. Konkret geht es dabei darum, jenen Investoren in reichen Ländern, die eine grüne Investition in arme Länder finanzieren (und sich dafür CO2-Zertifikate gutschreiben können), die mannigfachen Risiken abzusichern: "Etwa wenn im Rahmen eines solchen Projektes die vereinbarte Menge an Emissionsrechten nicht geliefert werden kann", erklärt Jeworrek. Auch sollen Angebote für Mikroversicherungen in Entwicklungsländern entwickelt werden.

Kurt Weinberger, Vorstand der Österreichischen Hagelversicherung, einem Spezialversicherer für Risiken in der Landwirtschaft, betonte die Notwendigkeit einer weiterhin breiten Risikogemeinschaft. Zumindest im österreichischen Agrarbereich sei diese gegeben. (80 Prozent der heimischen Ackerfläche ist hagelversichert, doppelt so viel wie 1995.)

Anders bei privaten Versicherungen gegen Sturm/Hagel, Überschwemmungen oder andere Wetterrisiken wie Vermurungen. Nach der Georisikoforschung der Münchener Rück übersteigt in den Jahren mit Naturkatastrophen der Gesamtschaden den versicherten Schaden um ein Vielfaches. So verursachten die Überschwemmungen von 2002 insgesamt 3,5 Milliarden Euro Schäden - versichert waren in Österreich nur rund 500 Millionen Euro. (ruz, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26./27.1.2008)