Italiens Wirtschaft hätte alles andere gebraucht als eine Regierungskrise. Denn die Lage droht, das Wirtschaftswachstum noch stärker zu bremsen, und gefährdet die Sanierung der Staatsfinanzen. Auch der Verkauf der Alitalia steht auf dem Spiel.

Für die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich wird die Krise aber kaum Auswirkungen haben, meint der österreichische Handelsdelegierte in Mailand, Michael Pötscher. Für Österreich ist Italien der zweitwichtigste Handelspartner.

Österreichs Lieferungen nach Italien haben 2007 einen Rekordwert von zehn Mrd. Euro erreicht, und der Handelsüberschuss betrug zwei Mrd. Euro zugunsten Österreichs. Möglich ist laut Pötscher sogar, dass der Exodus norditalienischer Industrieunternehmen nach Österreich bei anhaltend unsicherer politischer Lage zunimmt. Bereits 2006/07 hätten zig italienische Unternehmen infolge der hohen Steuerbelastung ihre Produktion nach Österreich verlagert.

Die Mitte-links-Regierung hat beachtliche wirtschaftliche Erfolge erzielt. Mit einem Liberalisierungsdekret wurden verhärtete Strukturen aufgebrochen, und in zahlreichen Branchen (Versicherungen, Telefonie, Arzneimittel und Taxifahrer) wurde mehr Wettbewerb eingeführt. Erstmals seit Jahren wurde die Steuerhinterziehung wieder ernsthaft bekämpft. Der Erfolg waren Mehreinnahmen von über zehn Mrd. Euro. Diese haben mitgeholfen, den Haushalt weitgehend zu sanieren. Während das Haushaltsdefizit im Jahr 2005 4,1 Prozent des BIP erreichte, lag die Neuverschuldung 2007 bei zwei Prozent. Auf dem Spiel steht auch der Verkauf von 49 Prozent Staatsanteilen bei der Alitalia. Derzeit werden darüber Verhandlungen mit Air France-KLM geführt.

Die Banca d'Italia hat kürzlich die Erwartungen für das Wirtschaftswachstum stark gesenkt. Nach 1,7 Prozent 2007 erwartet sie 1,5 Prozent im laufenden Jahr. Laut Statistischem Amt leben 51 Prozent aller italienischen Haushalte mit einem Monatseinkommen bis zu 1900 Euro. Ein Fünftel der Befragten kommt bis Monatsende nicht mit seinem Geld über die Runden. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand/DER STANDARD, Printausgabe, 26./27.1.2008)