Fazit: gleiche Mängel, gleiche Personen, auch eine Revco spielte mit.

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Wien - Montag und Dienstag muss sich Bawag-Gerichtssachverständiger Fritz Kleiner warm anziehen: Auf dem Prozess-Fahrplan stehen Fragen zu seinem Gutachten über das Handelsverhalten Wolfgang Flötts und das Verhalten der Bawag-Verantwortlichen. Die Analyse lässt die Angeklagten nicht gut ausschauen, es ist also mit sehr kritischen und peniblen Nachfragen der Anwälte zu rechnen.

Das Gutachten vergleicht die angeklagten Geschäfte auch mit den ersten Karibikgeschäften, die die Bawag bis 1994 unter Walter Flöttl (dem Vater von Investor Wolfgang F.) gemacht hat. Demnach bestehen zwischen Karibik I und II "unverkennbare Ähnlichkeiten". Der Gutachter verglich die Kritikpunkte des OeNB-Prüfberichts 1994 mit dem Verhalten der Bawag bei den angeklagten Geschäften - und schreibt, dass "sich am Vorgehen der Bawag nichts Wesentliches geändert hat".

90 Gesellschaften im Spiel

Unter Flöttl senior hatte die Bawag bis zu 2,4 Mrd. Euro an Flöttl vergeben (32 Mrd. Schilling oder 16 Prozent der Bilanzsumme). Im Spiel waren mehr als 90 Gesellschaften in der Karibik und auf den Kanalinseln, Flöttl jun. strukturierte die Geschäfte über Ross Capital Markets. Laut einem Gutachten der KPMG hätten die Geschäfte damals "Sondererträge von 3,8 Mrd. Schilling" (280 Mio. Euro) erbracht.

Alte Bekannte allerorten: Die Anwaltskanzlei, die die Verträge Bawag-Flöttl zeichnete, war Willkie Farr & Gallagher in Paris - die Kanzlei, in der 1998 die "Pariser Verträge" unterschrieben wurden, in denen Flöttl auch einen Teil seines Vermögens der Bawag überschrieb.

Revco und Refco

Oder Flöttls Ex-Mitarbeiter, David Prance: Er hat für die Bawag eine der (für den jetzigen Prozess wichtigen) Verlustbestätigungen ausgestellt. Er war laut Gutachten auch schon "im Zeitraum Karibik I tätig". Zudem scheine, "dass auch das Unternehmen Revco ... schon in diese Geschäfte eingebunden war; dies unter der Annahme, dass die nunmehrige Refco mit dem seinerzeitigen Unternehmen Revco Trust wirtschaftlich verbunden ist oder war."

Zusammenfassend streicht der Gutachter die karibischen Parallelitäten anhand des 1994er-Prüfberichts hervor: Die Kontrollmöglichkeiten seien nicht wahrgenommen worden, Rechtsabteilung und Innenrevision waren nicht eingeschaltet, verpfändete Wertpapiere waren nichts wert. Und: Bei Karibik I und II "war die Hektik der Abläufe bei Vertragsgestaltung und Finanzierung offensichtlich". (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26./27.1.2008)