Wien – In Banker- und politischen Kreisen war der Auftritt des Zeugen Stephan Koren, am 59. Tag des Bawag-Prozesses, mit einiger Spannung erwartet worden. Immerhin gilt der Vize-Chef der Bawag als guter Kenner der Bank, was sich aus seinen Funktionen erklärt: Der Banker war lange das einzige schwarze Einsprengsel in der tiefroten Führungsetage der Bawag gewesen. Helmut Elsner hatte ihn 1998 geholt, er sollte "Investitionsprojekte ausloten und nach Akquisitionen" Ausschau halten, wie Koren erklärte. Nach der Materialisierung des Großeinkaufs (die Bawag übernahm 2000 die PSK) kam er in den PSK-Vorstand, nach der Fusion im Oktober 2005 wurde Koren Vizechef der Bawag-PSK, unter Johann Zwettler. Von den ab Herbst 1998 angefallenen Riesenverlusten aus den karibischen Kreditgeschäften mit Wolfgang Flöttl, hat er laut eigener Darstellung trotzdem erst im Herbst 2005 erfahren: "Wir waren geschockt".

Ungewöhnliche Überweisung

Seine Schilderungen, die sich aus vorsichtigen, aber gezielten Fragen der Richterin entwickelten, versetzten die (wenigen) Zuhörer in die Zeit des Weltspartags 2005. Damals fiel eine "mehr als ungewöhnliche", konzerninterne Überweisung von 670-Millionen-Euro auf, der herbeizitierte Aufsichtsratchef Günter Weninger habe erklärt, es handle sich "um den letzten Stein in der Sanierung eines großen Kreditproblems der Bawag Ende der 90-er". Letztlich sei er, Koren, draufgekommen, dass es um 1,4 Mrd. Euro handle und, dass Aufsichtsrat und Aktionär nicht informiert wurden. Die Aufarbeitung sei nach der Refco-Kreditvergabe im Restrukturierungsteam erfolgt, das Koren leitete – und in dem anfangs heutige Angeklagte mitarbeiteten.

Die Frage zum Tage, warum auch das "neue Regime" unter Ewald Nowotny den Aufsichtsrat nicht gleich von den Verlusten informiert hat, sondern erst im März 2006, beantwortete Koren sinngemäß so: Man habe sich erst ein klares Bild von den Ereignissen und der genauen Verlusthöhe machen müssen, der "Fortschritt in der Wahrheitsfindung war nicht so schnell". Es sei aber von Anfang klar gewesen, dass "es ohne Information an den Aufsichtsrat nicht gehen wird" – ein Punkt, den die Angeklagten ja ganz anders sehen.

Die Nerven liegen blank

Vor Korens Auftritt hatte es hitzige Gefechte unter den Angeklagten gegeben. Ausgangspunkt für die gegenseitigen Anschuldigungen waren die Aussagen der Liechtensteinischen Treuhänderin, Yvonne Nägele. Sie schilderte, wie rasant im Oktober 1998 die Stiftungslösung umgesetzt wurde und wie binnen ein- und desselben Tages rund 250 Mio. Euro (an Flöttl) weitergeschleust wurden.

Im Zeitraffer: Am 27. Oktober tagte der Bawag-Vorstand samt Weninger und beschloss, die Geschäfte mit Flöttl weiterzuführen und dafür Stiftungen zu gründen. Die Treuhänder waren aber schon Tags zuvor aktiviert worden ("Uns wurde mitgeteilt, dass die Stiftungen Ländereien erwerben", so Nägele). Also wurden binnen Stunden Konten errichtet, die involvierte Bank musste unüblicherweise per Brief informiert werden, damit das alles so schnell abgewickelt werden konnte. Nägele: "Es war kein normaler Vorgang, dass das Geld am gleich Tag rein- und wieder rausgeht". Und, so sagte sie "enttäuscht von der Bawag: ätte man die Hintergründe gekannt, "hätten wir ganz sicher nicht mitgewirkt". Bei den anschließenden Befragungen lief das Match Elsner gegen Weninger, und Elsner gegen Josef Schwarzecker. Weninger bestand darauf, dass am 27. Oktober sicher nicht von Überweisungen die Rede gewesen sei, Schwarzecker wehrte sich wortschwallmäßig gegen Elsners Aussage, er habe die Stiftungslösung "erfunden", er habe "mit all dem nie etwas zu tun gehabt". (Renate Graber, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 25.1.2008)