In 50 verarmten Vorstädten soll die Ausbildung forciert und die Arbeitslosigkeit bekämpft werden. Nicolas Sarkozy beschäftigte sich derweil mit seinem alten Lieblingsthema: Sicherheit.

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Es war vor knapp einem Jahr, als Nicolas Sarkozy im Präsidentschaftswahlkampf erklärte: „Wenn ich gewählt bin, werde ich einen großen Marshallplan für die Ausbildung aller Vorstadtjugendlichen lancieren. Ich werde den Banlieues viel Geld widmen.“ Seither warteten die Franzosen auf die Umsetzung dieses Wahlversprechens.

Am Dienstag nun schickte der Staatschef seine „Banlieue-Ministerin“ Fadela Amara an die Front, um die wichtigsten Maßnahmen zu präzisieren. Die aus Algerien stämmige Staatssekretärin für Stadtfragen tat dies in Vaulx-en-Velin, einem schlecht beleumundeten Vorort von Lyon. Vor vielen prominenten Gästen und wenigen Jugendlichen kündigte sie an, dass sie die Anstrengungen auf fünfzig „Quartiere“ konzentrieren wolle. Diese sollten aus ihrer ghettoähnlichen Situation befreit werden, das heißt, sozial und verkehrstechnisch wieder Anschluss an das übrige Land finden.

Priorität hat die Berufsbildung jobloser Jugendlicher. Nach inoffiziellen Statistiken beträgt die Arbeitslosigkeit in den am meisten heruntergekommenen Trabantenstädten bis zu 40 Prozent. Amara versprach, dass die Jugendlichen in diesen Orten eine „Langzeit-Ausbildung“ mit persönlicher Begleitung angeboten erhielten, die „systematisch“ in eine feste Arbeit münden sollen. Sie nannte die Zahl von 45 000 zu schaffenden Jobs. Vorrangig würden zudem „die Mittel verstärkt, um gegen das Scheitern an der Schule zu kämpfen“, meinte Amara.

Die zweite Schiene des „Marshallplans“, der bei Amara nur noch „Hoffnung Banlieue“ heißt, besteht in Verkehrsmaßnahmen. Sie sollen verhindern, dass ganze Quartiere praktisch von der Außenwelt abgeschnitten bleiben. Dies gilt zum Beispiel für Clichy-sous-Bois, wo im Herbst 2005 die bisher schwersten Vorstadt-Krawalle ausbrachen.

Nachdem Sarkozy generell erklärt hatte, die Staatskassen seien „leer“, beteuerte nun Amara, die Finanzierung des Plans sei gelöst. Allein für die Verkehrsmaßnahmen würde eine Milliarde Euro eingesetzt.

Die französischen Medien zeigen sich allerdings skeptisch, ob dieser dreizehnte Banlieue-Plan seit 1990 viel mehr bewirken werde als seine Vorgänger. Sarkozy will den Plan Anfang Februar – kurz vor den Kommunalwahlen – auch noch persönlich „präzisieren“. Am Dienstagabend hatte er unerwartet den Pariser Banlieue-Ort Sartrouville aufgesucht. Dort sprach er aber nur am Rand über soziale Diskriminierung von Einwanderungsjugendlichen; vielmehr besuchte er die lokale Polizeistation. Die Zeitung Le Monde kommentierte darauf, der – in den Umfragen abgestürzte – Präsident lanciere wie früher als Innenminister das Thema Sicherheit, dem er einen Gutteil seiner früheren Popularität verdanke. (DER STANDARD, Printausgabe, 23.1.2008)