Im Konflikt mit der IG Theater: Sigrid Gareis

Foto: Hendrich
Wien – Gründungsdirektorin Sigrid Gareis gelang es binnen weniger Jahre, das Tanzquartier Wien international zu positionieren. Die Kuratoriumssitzung am kommenden Freitag (25. Jänner) verspricht dennoch Brisanz: Die fünf Mitglieder wollen sich der Frage widmen, ob der Ende Juni 2009 auslaufende Vertrag von Gareis ein zweites Mal verlängert werden soll oder nicht.

Die Diskussion losgetreten wurde von einer Gruppe heimischer Tanzschaffender, die unter dem Namen tanzunit[ed] in einer Petition an SP-Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny die "fristgerechte Neuausschreibung der Intendanz" und die Mitwirkung bei der Erstellung der Ausschreibungskriterien gefordert hatte. Unterzeichnet wurde das von Nikolaus Selimov (homunculus) initiierte Schreiben unter anderem von Elio Gervasi, der erst kürzlich im TQW präsent war, Bernd R. Bienert, Sebastian Prantl – und Silvia Both.

Die Choreografin ist Mitglied des TQW-Kuratoriums – und verfolgt in diesem Gremium zusammen mit Marty Huber die Interessen der IG Freie Theaterarbeit. Und die IG hat andere Ziele als die Intendantin.

Gareis beteuert: "In der letzten Saison war rund die Hälfte der heimischen Szene – 150 Personen! – in das Programm eingebunden. Aber ich kann doch nicht alle Künstler auftreten lassen, wenn ich auf Niveau achten will. Das ließe auch die Struktur nicht zu: Es braucht eine Vielfalt der Aufführungsorte!"

Der Konflikt hat auch noch einen weiteren Grund: Gareis wollte die Entsendung von Both und Huber ins Kuratorium nicht akzeptieren, da die IG sämtliche Tanzschaffenden österreichweit zur Wahl eingeladen hatte. Das TQW ist aber eine ausschließlich von der Stadt Wien gegründete wie finanzierte Institution.

Die IG hat im Kuratorium, in dem die Stadt durch Theaterreferent Robert Dressler vertreten ist, aber nicht die Mehrheit: Claudia Jeschke, Professorin für Tanz in Salzburg, und Kathrin Kneissel (Kulturministerium) gelten als Unterstützerinnen des von Gareis eingeschlagenen Weges.

Zudem steht ein ziemlich großer Teil der Künstlerschaft hinter der Intendantin: Daniel Aschwanden, Milli Bitterli, Andrea Bold, Christine Gaigg, Claudia Bosse, Chris Haring, Philipp Gehmacher, Martin Nachbar, das brut-Leitungsduo Thomas Frank / Haiko Pfost u. a. verfassten ebenfalls eine Petition an den Stadtrat.

Der internationale Erfolg der Wiener Szene sei nicht zuletzt auch auf die Vernetzungsarbeit des TQW zurückzuführen, eine Kontinuität müsse gewahrt werden, um die bisherigen Resultate halten und ausbauen zu können. "Wir schlagen daher vor, die Neubesetzung nicht jetzt, sondern in zwei Jahren auszuschreiben." Bis dahin könnten die notwendigen Diskussionen geführt werden.

Gareis will weder "eine Jeanne d’Arc des TQW" sein noch das Haus ewig leiten: "Ich muss mir den schwierigen Job nicht länger antun. Aber ich möchte ein Haus hinterlassen, das strukturell steht." Zwei weitere Jahre wären daher durchaus in ihrem Sinne. Wie Mailath entscheiden wird? Er gab bekannt, auf eine Empfehlung des Kuratoriums zu warten. (Thomas Trenkler, DER STANDARD/Printausgabe, 19./20.01.2008)