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Die Börsen reagieren verschnupft auf ständig neue Milliardenabschreibungen großer Banken auf ihr Kreditportfolio.

Foto: AP/John Pryke
Aktienkurse befinden sich im Tiefflug, eine Erholung ist angesichts der Hiobsbotschaften der Banken nicht in Sicht. Die Frage ist, wie sehr die Konjunktur leiden wird. Vor allem die US-Haushalte reagieren sensibel.

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Der Rekordquartalsverlust der größten US-Bank, Citigroup, hat ein Kursgemetzel an den internationalen Aktienmärkten ausgelöst. Schon am Dienstag hatte es vor allem die Bankwerte schwer erwischt, am Mittwoch ging die Talfahrt weiter. Auch an der Wiener Börse sackten die Kurse weiter ab. Der Wiener Leitindex ATX fiel um rund drei Prozent unter 4000 Punkte, seit Jahresbeginn haben die ATX-Unternehmen damit fast 8,5 Milliarden Euro an Wert verloren. Zwar bezeichnen Analysten den Abverkauf als panikgetriebene Übertreibung und sehen angesichts positiver fundamentaler Daten langfristig wieder Kurssteigerungen, kurzfristig könnten die Angstverkäufe aber noch anhalten. Denn die Ursachen der Unsicherheit sind noch immer nicht beseitigt. Weitere US-Großbanken werden in den kommenden Tagen ihren Abschreibungsbedarf und Milliardenverluste bekanntgeben und damit wieder für Schockwellen an den Märkten sorgen.

Nach den überraschenden Wertberichtigungen bei dem deutschen Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate rechnen die deutschen Wirtschaftsweisen Peter Bofinger und Wolfgang Franz damit, dass es noch dicker kommen wird: "Den Höhepunkt der Finanzkrise erwarte ich erst für Mitte des Jahres", sagte Bofinger der Berliner Zeitung.

Zudem mehren sich die Befürchtungen, dass die US-Hypotheken- und Finanzkrise eine Rezession in den USA auslösen und in Folge auch das Wachstum in Europa stärker als bisher angenommen schmelzen lassen könnte, allerdings sind die Experten gespalten. Bei den US-Hypothekarkrediten werden in diesen Wochen Zinsanpassungen nach oben erfolgen, und „das wird einige Schuldner in Schwierigkeiten bringen, so- dass die Ausfallwahrscheinlichkeiten dieser Kredite und damit der Abschreibungsbedarf bei den Banken auch hierzulande steigen“ werde, so Franz zur deutschen Lage.

Auch Großbritannien kämpft mit den Folgen der US-Kreditkrise, die die britischen Häuserpreise auf das tiefste Niveau seit der Rezession Anfang der 90er-Jahre gedrückt hat. Der Preisindex für Eigenheime sank im Dezember auf den niedrigsten Stand seit November 1992. Der fünfte Rückgang in Folge gilt als Alarmsignal, da der starke Preisverfall selbst Experten überrascht hat. Nun geht die Sorge um, dass ein Ende des langjährigen Immobilienbooms auch das Wachstum weiter dämpfen könnte.

Die amerikanischen Verbraucher kommen nicht nur durch ihre Hypotheken und den Verfall der Häuserpreise unter Druck: Auch die Inflation ist 2007 so kräftig gestiegen wie seit 17 Jahren nicht mehr. Im Jahresschnitt mussten die Amerikaner 4,1 Prozent mehr für ihre Lebenshaltung ausgeben als 2006, teilte das Arbeitsministerium mit. Zuletzt hatte die Inflation 1990 noch stärker zugelegt, und zwar um 6,1 Prozent. Zumindest am Jahresende flaute der Preisanstieg in den USA allerdings etwas ab. Volkswirte sehen daher in der Inflation kein Argument gegen eine kräftige Zinssenkung der US-Notenbank Fed Ende des Monats, um eine Rezession der weltgrößten Volkswirtschaft zu verhindern. Überdies wird mit weiteren Liquiditätsspritzen der Notenbanken gerechnet.

Kurssturz dämpft Konsum

Den Verbrauchern setzen neben Inflation und Verfall der Häuserpreise auch die sinkenden Aktienkurse zu. In den USA spielen die Wertpapiere eine tragende Rolle für Einkommenszuwachs und Pensionen. Moody’s-Chefvolkswirt Pierre Cailleteau befürchtet im STANDARD-Gespräch "massive Probleme" für den Konsum und somit für das Wachstum, sollten die Kurse weiterhin purzeln. Die am Mittwoch vorgelegten Bilanz der drittgrößten US-Bank, JP Morgan, wies zwar wegen Milliardenabschreibungen und einem schwachen Investmentbanking im vierten Quartal 2007 einen deutlichen Gewinnrückgang aus, die Bank steckte die Belastungen durch die Kreditkrise aber besser weg als die Konkurrenz.

Der Gewinn fiel im vierten Quartal 2007 um mehr als ein Drittel auf 2,97 Mrd. Dollar (rund zwei Mrd. Euro). Wegen der Kreditkrise musste JP Morgan Chase 1,3 Mrd. Dollar abschreiben. Die zweitgrößte US-Hypothekenbank, Wells Fargo, verbuchte erstmals seit sechs Jahren einen Rückgang ihres Quartalsgewinns. Sie erzielte im vierten Quartal einen um 38 Prozent geringeren Ertrag von 1,36 Mrd. Dollar. Damit lag die Bank jedoch noch über den Erwartungen. Wells Fargo warnte aber vor höheren Abschreibungen, teilte die fünftgrößte US-Bank mit. (Reuters, APA, kol, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.01.2008)