Es ist ein Entscheid von weitreichender Bedeutung. Erstmals seit der Kolonialzeit baut Frankreich wieder einen Truppenstützpunkt außerhalb seiner Landesgrenzen auf. Und nicht irgendwo, sondern an einem strategischen Standort – mitten im Persischen Golf, einem der neuralgischsten Punkte der aktuellen Geopolitik.

Die französische Öffentlichkeit wurde im Nachhinein informiert; selbst Militärspezialisten und -journalisten erfuhren erst davon, als Nicolas Sarkozy das entsprechende Abkommen am Dienstag in den Vereinigten Arabischen Emiraten unterzeichnet hatte. In der Nacht auf Donnerstag nach Paris zurückgekehrt, äußerte er sich nicht weiter darüber; eine Parlamentsdebatte ist nicht vorgesehen.

So ist nur bekannt, dass Sarkozy mit Scheich Khalifa bin Zayed in Abu Dhabi vereinbart hat, eine Garnison für rund 400 französische Soldaten einzurichten. Sarkozy sprach von einer „strategischen Partnerschaft“ und der „Stabilisierung der Region“. Die Absenz jeglicher Debatte in Paris verwundert umso mehr, als die Entscheidung hochstrategischen Charakter hat.

Bisher verfügen von den Westmächten nur die USA und Großbritannien über Truppen im Persischen Golf – also jene Staaten, denen sich Frankreich im Irakkrieg frontal entgegengestellt hatte. Jetzt ordnet sich Sarkozy der mittelöstlichen Politik Washingtons unter, nachdem er bereits erklärt hatte, die französischen Truppen in Afghanistan würden eher noch erhöht als reduziert.

Die französische Truppenbasis käme direkt gegenüber der iranischen Küste zu liegen. Sarkozy hatte vor einiger Zeit ausdrücklich von der Möglichkeit eines „Krieges“ mit Teheran gesprochen und erklärt, es gebe in dem Nuklearstreit mit dem Iran nur die Alternative, dass dieser auf die Atombombe verzichte oder selbst bombardiert werde.

Das neue Interesse Sarkozys am arabischen Raum kam in den letzten Wochen auch auf ökonomischer Ebene zum Ausdruck. Nach Nuklearabkommen mit Libyen und Ägypten schloss er diese Woche mit den Arabischen Emiraten eine Übereinkunft für die Lieferung eines Kernreaktors. Dieser wird von den französischen Energiekonzernen Areva, Total und Suez gebaut und hat ein Geschäftsvolumen von etwa vier Milliarden Euro.

In Saudi-Arabien versucht Sarkozy seit Monaten französische Fregatten und U-Boote zu verkaufen. Ländern wie Algerien oder Marokko offeriert er französische Nukleartechnologie. Es sei „eine Frage der Gerechtigkeit für alle Völker“, dass auch muslimische Staaten Zugang zur zivilen Nukleartechnologie erhielten, meinte er diese Woche.

Ohne Erwähnung bleibt dabei, dass Fankreich in den 1990er-Jahren Atomtechnologie nach Pakistan lieferte; laut Nuklearexperten hat Islamabad auch dank diesem Beistand die Atombombe gebaut. Vor diesem Hintergrund mutet es etwas seltsam an, dass Sarkozy im Süden des Persischen Golfes die zivile Kernkraft propagiert und im Norden den Bau einer iranischen Atombombe verhindern will. (Stefan Brändle aus Paris/DER STANDARD, Printausgabe, 17.1.2008)