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Die Gedenkstätte bei der Talstation der Kapruner Gletscherbahn, die an die 155 Opfer der Brand-katastrophe am 11. 11. 2000 erinnert. Nun steht eine Einigung bei den Ansprüchen der Hinterbliebenen bevor

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400 Hinterbliebene der 155 Opfer von Kaprun haben das Vergleichsangebot der Republik Österreich akzeptiert. Mehr als sieben Jahre nach der Brandkatastrophe im Tunnel der Gletscherbahn kommen insgesamt 13,4 Millionen Euro Schmerzensgeld zur Auszahlung

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Wien – Mehr als sieben Jahre nach der Brandkatastrophe von Kaprun, bei der 155 Menschen ums Leben kamen, steht eine außergerichtliche Einigung bei Schmerzensgeldansprüchen von Hinterbliebenen bevor. Vergangenen Dienstag ist die letzte Frist abgelaufen, innerhalb der Opferanwälte Ansprüche im Rahmen des Vergleichsangebotes stellen konnten. In 95 Prozent der rund 400 eingelangten Erklärungen werde das Angebot explizit akzeptiert, teilte die von der Regierung eingesetzte Vermittlungskommission mit. Die zur Verfügung stehende Gesamtsumme, die von der Republik Österreich, der Gletscherbahn Kaprun AG und der Generali Versicherung aufgebracht wird, beträgt 13,4 Millionen Euro.

Einigung mit fast allen Hinterbliebenen

Klaus Liebscher, Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank und Vorsitzer der Vermittlungskommission, betont im Standard-Gespräch, dass niemand das Vergleichsangebot abgelehnt habe. In einzelnen Fällen bedürfe es noch formaler Klärungen. Kommt eine Einigung mit allen Hinterbliebenen aus Österreich, Deutschland, Großbritannien, Slowenien, Tschechien, Japan, aus den Niederlanden und aus den USA zustande, werden auch die rund 90 Schmerzensgeldverfahren hinfällig, die derzeit noch am Landesgericht Salzburg anhängig sind.

Punktesystem

In der Vergangenheit hatten Opferanwälte den Aufteilungsschlüssel der geplanten Auszahlungen kritisiert. Die Vermittlungskomission erstellte daraufhin ein Punktesystem, dessen wichtigstes Kriterium das Verwandtschaftsverhältnis zwischen Opfern und Hinterbliebenen ist. Mit der nun angestrebten Pauschallösung soll ein "Rechtsfrieden" eintreten.

Das heißt, dass auch etwaige künftige Unterhaltsansprüche abgedeckt sind. Bereits eingetretene Unterhalts- oder Verdienstentgänge müssen nach dem Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz eingeklagt werden. Dem Vater eines Todesopfers – einem Zahnarzt, der wegen psychischer Probleme vorübergehend nicht mehr arbeiten konnte – wurden im Vorjahr auf diesem Weg 220.000 Euro zugesprochen.

Niemand war verantwortlich

Strafrechtlich ist für die Katastrophe von Kaprun, die durch einen defekten Heizlüfter ausgelöst worden war, niemand verantwortlich. Alle 16 Beschuldigten, darunter Mitarbeiter der Gletscherbahn und Beamte aus dem Verkehrsministerium, wurden freigesprochen. Wenig später wurde das Strafverfahren gegen den Hersteller des Heizlüfters in Deutschland eingestellt.

Grund: Der Heizstrahler sei zwar nicht geeignet gewesen für die Standseilbahn, aber ein Produktionsfehler, wie ihn das Salzburger Gericht festgestellt hatte, sei nicht vorgelegen, entschied die Staatsanwalt Heilbronn. Daraufhin wurde in Österreich ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt, aber vergangenen November vom Justizministerium abgelehnt. (DER STANDARD Printausgabe 17.1.2008)