Ohne seine Unterschrift ist ein Gesetz kein Gesetz: Bundespräsident Heinz Fischer wies die juristische Umsetzung einer EU-Richtlinie zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zurück.

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Wien – Es war eine Premiere auf der politischen Bühne Österreichs – und sie erntete geteilte Publikumsreaktionen. Mit Heinz Fischer weigerte sich zum ersten Mal in der Zweiten Republik ein Bundespräsident, ein von Nationalrat und Bundesrat ab-gesegnetes Gesetz zu unterschreiben. Eine rückwirkende Strafbestimmungsklausel in der Novelle zur Gewerbeordnung sei nicht zulässig, argumentierte man in der Hofburg.

Das präsidiale „Nicht genügend“ für das Gesetz wurde vom Quasi-Absender „zur Kenntnis genommen“. Bundeskanzler Alfred Gusenbauer spielte den Ball umgehend weiter an den ressortzuständigen Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (VP). Es sei jetzt an ihm, einen Entwurf vorzulegen, „der sämtlichen gesetzlichen Auflagen entspricht“. Aus dem SPÖ-Klub hieß es, dass „im Prinzip alles wieder von vorn beginnt“. Ende Jänner soll das adaptierte Gesetz die zweite Runde im Parlament drehen.

Deutlich mehr Unmut kam aus der ÖVP. Michael Spindelegger ließ Fischer wissen: „Ich möchte festhalten als Zweiter Nationalratspräsident, dass das nicht Auslöser für eine neue Gangart des Bundespräsidenten wird.“ Das wäre „insgesamt schädlich“, der Präsident solle „nicht operativ Dinge in die Hand nehmen“.

Fischers Parteikollegin, Nationalratspräsidentin Barbara Prammer, hatte Verständnis für die Retournierung des Gesetzes geäußert. Man müsse sich bei der Gesetzesausarbeitung viel mehr Zeit lassen. Zu Prammers Aktionsplan gegen solche Gesetzespannen gehört die Entwicklung eines „Kontrollszenarios“.

Für die Dritte Nationalratspräsidentin, Eva Glawischnig von den Grünen, ist Fischers „Schlag auf die Finger der koalitionären Parlamentsmehrheit“ „absolut in Ordnung“. Die FPÖ sprach von „hochgradiger Peinlichkeit für die Regierung“, das BZÖ von einer „schallenden Ohrfeige“.

Anders die Einschätzung professioneller Beobachter. Politikwissenschafter Herbert Dachs von der Uni Salzburg interpretiert Fischers Aktion im politischen Kontext der vergangenen Wochen und auch aus Fischers persönlicher Vergangenheit „als langjähriger Parlamentarier“: „Wenn ein Bundespräsident längere Zeit eine Verluderung parlamentarischer Sitten beobachten muss, ist es nachvollziehbar und richtig, dass er die Möglichkeit der Öffentlichkeit durch diesen Akt der verweigerten Unterschrift nutzt. Das hat mit Machtdemonstration des Präsidenten nichts zu tun“, sagt Dachs.

„Akzentuierung längst fällig“

Mit verluderten Parlamentssitten meint er etwa den nächtlichen Schnellschuss-Beschluss des Sicherheitspolizeigesetzes Anfang Dezember 2007 durch die Koalitionsparteien ohne vorherige parlamentarische Behandlung und die „heillos überfrachteten Tagesordnungen mit Beschlussmaterien“. Politologe Anton Pelinka zeigt sich „sehr überrascht“ über den bisher „sehr vorsichtigen“ Fischer: „Der Präsident will im Gesetzgebungsprozess ein Veto für sich beanspruchen.“

Jurist Manfried Welan findet die Erweiterung des präsidialen Aktionsradius „gut und richtig“. Schon Fischers Vorgänger hätten sich nicht auf das formale Durchwinken von Gesetzen beschränkt – freilich nicht mit solchen Auswirkungen. Auch der Linzer Völkerrechtsexperte Manfred Rotter stellt sich hinter Fischer: „Die bisher ungewohnte Akzentuierung des Amtes des Bundespräsidenten war längst fällig.“ Juristisch liegt der Kern des Streits für ihn darin, dass das „verfassungsmäßige Zustandekommen eines Gesetzes nicht immer lösgelöst werden kann von seinem Inhalt“. (Karin Moser und Lisa Nimmervoll/DER STANDARD, Printausgabe, 17.1.2008)