Wien – „Fahrlässig“ – kurz und bündig beschreibt Christoph Leitl den Umgang der Regierung mit den Pensionen. Der Wirtschaftskammerpräsident hat nicht nur einiges an der Pensionserhöhung und der Verlängerung der Hacklerregelung („weist in die falsche Richtung“) auszusetzen. Leitl vermisst Anstrengungen, das tatsächliche Pensionsantrittsalter zu erhöhen. Weshalb für die Zukunft Erwerbstätige fehlen würden, die das Pensionssystem erhalten.

Während in Schweden noch 70 Prozent der Arbeitnehmer zwischen 55 und 64 Jahren im Beruf stehen, sind es in Österreich halb so viele. Weil hierzulande die „Flucht in die Invaliditätspension“ in Mode sei, meint Leitl. Jeder vierte neue Pensionist tritt aus Gesundheitsgründen in vorzeitigen Ruhestand – zu viel für den Geschmack der Kammer, die die Zahl der Neuantritte halbieren will.

„Länger arbeiten zahlt sich nicht aus“, sagt Leitl und argumentiert, dass die Alterspension (im Schnitt 1020 Euro) zu wenig über der Invaliditätspension (863 Euro) liege. Der Oberkämmerer fordert höhere Zu- und Abschläge. Wer etwa um ein Jahr länger arbeitet, soll ein Plus von sechs statt 4 ,2 Prozent bekommen.

Aufweichung des Berufsschutzes

Aufweichen will Leitl den Berufsschutz bestimmter Gruppen: Facharbeiter, Angestellte und Beamte haben derzeit Anrecht auf Invaliditätspension, wenn sie ihre Tätigkeit nicht mehr ausüben können. Dieser Schutz solle für alle erst ab 57 Jahren gelten. Aber: Niemand solle zum einem Job vergattert werden, der nicht seinen Fähigkeiten entspräche.

Weitere Forderungen: Prämien für Gesundheitsvorsorge, Lohnkostenzuschüsse für gesundheitlich angeschlagene Arbeitnehmer, ein Rechtsanspruch auf Rehabilitation. Außerdem drängt Leitl auf die Verankerung eines „Nachhaltigkeitsfaktors“ im Pensionssystem: Steigt die Lebenserwartung, solle automatisch auch das Pensionsalter angehoben werden. Leitl kritisiert, dass dieses Vorhaben auf 2010 „verschoben“ wurde: „Der Regierung fehlte der Mut. Aber wir haben keinen Geldscheißer.“ (Gerald John /DER STANDARD, Printausgabe, 17.1.2008)