Wien - Von der sinkenden Liquidität im Gefolge der amerikanischen Subprime-Krise werden die Länder Zentral- und Osteuropas (CEE) nach Ansicht der Experten der Bank Austria Creditanstalt (BA-CA) weitgehend verschont bleiben. In Südosteuropa und im Baltikum könnten die Kredite jedoch knapp werden - warnen die BA-CA-Experten in einer aktuellen Studie, die heute, Mittwoch, in Wien präsentiert wurde.

Das solide Wachstum der CEE-Region in den letzten Jahren sei überwiegend durch die starke Dynamik der privaten Einkommen und Vermögen erreicht werden, während zugleich die Unternehmen der Region die Infrastrukturprojekte und die Investitionsnachfrage ankurbeln würden. Auch der Bankensektor spiele eine bedeutende positive Rolle für das Wachstum, heißt es in der Studie. Die Marktdurchdringung, gemessen als der Anteil der Kredite am Bruttoinlandsprodukt (BIP), konnte von 23 Prozent im Jahr 2000 auf 43 Prozent 2007 gesteigert werden.

Ungleichgewichte

"Es bestehen jedoch gewisse Ungleichgewichte, durch die die internationale Liquiditätskrise die Region betreffen könnte", erklärte die für CEE zuständige Chef-Ökonomin der BA-CA, Debora Revoltella, laut Mitteilung. Im Zuge des Übergangsprozesses hätten einige Länder die Finanzierung ihres Inlandswachstums durch Kapitalimporte bestritten. Der starke Konsum und die rege Investitionsnachfrage führten demnach zu rasch steigenden Leistungsbilanzdefiziten, die durch ausländische Direktinvestitionen (FDI), Bonds und Auslandskredite finanziert wurden.

"Im Rahmen einer internationalen Risiko-Neubewertung und daher höherer Zinssätze könnte die Abhängigkeit von ausländischen Sparguthaben zu Kreditengpässen führen, weil die Finanzierungskosten für die lokale Wirtschaft steigen", so Revoltella. Nach Ansicht der BA-CA-Experten dürfte Zentraleuropa von potenziellen Kreditengpässen weitgehend verschont bleiben. Für Polen, die Slowakei, Tschechien, Ungarn und Slowenien bestünden die wichtigsten Herausforderungen der kommenden Jahre wohl eher in der Erhaltung ihrer Wettbewerbsfähigkeit, trotz auftretender Engpässe in der Produktionskapazität, heißt es.

Korrektur in Südosteuropa

In Südosteuropa und im Baltikum könnten die Kredite jedoch knapp werden. Nach dem starken Wachstum der letzten Jahre und angesichts von Überhitzungsängsten würde dies auch den Erwartungen der Zentralbanken entsprechen und könnte zugleich für Korrekturen derzeitiger Ungleichgewichte genutzt werden. Auch für Kasachstan zeichnet sich möglicherweise eine Liquiditätskrise ab, gewisse Finanzierungsprobleme könnten demnächst sowohl Russland als auch die Ukraine heimsuchen. "Wir glauben jedoch, dass Ressourcen und Engagement ausreichen werden, um das langfristige Potenzial der kasachischen Wirtschaft zu erhalten und tiefere Krisen in den anderen beiden Ländern kurz- bis mittelfristig abzuwenden", äußert sich Revoltella zuversichtlich. Die Türkei reagiere zwar weiter sensibel auf die Volatilität der Kapitalmärkte, dürfte aber wohl kaum vor einer bankenbedingten Kreditknappheit stehen.

Insgesamt entwickelt sich die CEE-Region weiterhin gut, wenn auch die Wachstumsspitze erreicht ist. Die BA-CA prognostiziert für 2008 bzw. 2009 einen Anstieg des BIP um 5,9 Prozent bzw. 5,6 Prozent, während der Wert für 2007 voraussichtlich 6,6 Prozent beträgt. (APA)