Die Botanikerin Corinna Wallinger wechselte vom Gletscher auf den Acker.

Foto: Eva Kelety
Drahtwürmer, wie die Larven der Schnellkäfer auch genannt werden, leben in den obersten Bodenschichten, ernähren sich von den Wurzeln auch wichtiger Nutzpflanzen. Corinna Wallinger, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Ökologie der Uni Innsbruck, hat sich zum Ziel gesetzt, aufzuklären, welches Futter die Schädlinge bevorzugen.

Die Herausforderung dabei ist, dass man ihnen kaum beim Fressen zusehen kann. In einem ersten Ansatz verfüttert die Botanikerin also den Versuchsinsekten alternativ Weizen oder Mais und friert sie zeitlich gestaffelt ein, um die Larven mitsamt Mageninhalt einer DNA-Analyse zu unterziehen. Ausgewählte DNA-Regionen sollen in den beiden Pflanzenarten auf ihre Eignung als molekulare Marker getestet werden, um eine eindeutige Identifikation der gefressenen Pflanzen zu ermöglichen. Ebenfalls untersucht wird, wie lange die DNA im Darm der Drahtwürmer nachweisbar ist.

Die Voruntersuchungen zur Etablierung der Nachweismethode werden aus Wallingers Stipendium "For Women in Science" bezahlt (vergeben von L'Oréal in Kooperation mit der Unesco und der Akademie der Wissenschaften mit Unterstützung des Wissenschaftsministeriums). In einem über drei Jahre laufenden FWF-Projekt werden am Institut ab Mai 2008 molekulare Marker für diverse Kulturpflanzen und die häufigsten Unkrautarten entwickelt werden, um festzustellen, was die Käferlarven am liebsten fressen und mit welcher Beisaat man sie von den Nutzpflanzen "ablenken" kann.

Das Stipendium hilft, die Zeit zwischen zwei Drittmittelprojekten zu überbrücken, ganz abgesehen "von der Freude über die persönliche Auszeichnung, als eine von vier aus hundert Bewerberinnen ausgewählt worden zu sein", so die Forscherin. Bis zum Abschluss ihrer Dissertation widmete sich die 35-Jährige dem alpinen Gletschervorfeld. Am Wechsel ins Agrarland gefällt der Ökologin, "dass man die Erkenntnisse unmittelbar praktisch umsetzen kann". Gute Artkenntnis bleibt dabei ihr Werkzeug, "wie beim Tischler der Hobel". Um diese zu erlangen, "muss man viel gesehen haben, dicke Bestimmungsbücher wälzen und ein Auge fürs Detail haben". Der Ökologin bereitet die Vielfalt ihres Forschungsgegenstands Freude, und angesichts der Zerbrechlichkeit von Blüten oder des Anblicks junger Knospen gerät sie schon mal ins Schwärmen.

Zwischen zwei Welten

Corinna Wallinger nützt aber nicht nur ihre biologische, sondern auch ihre pädagogische Ausbildung täglich. Nach Abschluss einer Kindergartenschule inskribierte sie Biologie, weil sie das Fach schon in der Unterstufe spannend fand. Bis heute hält sie nebenbei Kinderkurse und hat Spaß daran, "die Faszination an der unmittelbaren Umwelt zu wecken", beschreibt die Innsbruckerin. Die Mutter zweier Kinder agiert je einen halben Tag "in zwei Welten, die verschiedene Fertigkeiten von mir fordern".

Vor allem beim Wiedereinstieg nach ihrem ersten Kind fühlte sich die Wissenschaftlerin "zerrissen", aber der Job macht ihr Spaß, und sie hat die volle Unterstützung ihres Mannes. Der gemeinsame Familienname ist der ihres Gatten, was in der Praxis bedeutet, dass sie seit dem Wechsel vom Alpinen ins Agrarland unter Wallinger publiziert und zu Gletscherthemen weiterhin unter ihrem Mädchennamen Raffl. Mit Familie und Hund genießt sie die Natur vor der Haustür: im Wald, auf der Alm und auf der Rodelbahn. Außerdem liest sie gern, fährt Mountainbike oder geht Bergsteigen. (Astrid Kuffner/DER STANDARD, Printausgabe, 16.1.2008)