Das Goethe- Institut und der Deutsche Sprachrat suchen in einer internationalen Ausschreibung nach dem schönsten ins Deutsche eingewanderte Wort und der besten Begründung.

Grafik: Goethe-Institut

Man wolle damit aufzeigen, wie eigen, reich und lebendig die deutsche Sprache ist, so das Goethe-Institut - und gleichzeitig darauf aufmerksam machen, wie viele eingewanderte Wörter sich bereits so vollständig ins Deutsche eingefügt haben, dass ihre Herkunft oft kaum noch bekannt ist.

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Der "Tollpatsch" etwa leite sich nicht von "toll" und "patschen" ab, sondern kommt von ungarisch "talpas" – was soviel wie Breitfuß bedeutet. Einsendeschluss für das schönste Wort mit "Migrationshintergrund" ist der 29. Februar. Zu gewinnen gibt es eine Studiosus-Studienreise für zwei Personen in das Ursprungsland des eingewanderten Wortes. Zudem werden die besten Wörter mit "Migrationshintergrund" in Buchform erscheinen.

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Zusätzlich wird ein SchülerInnenpreis ausgeschrieben. Schließlich, so das Goethe-Institut, nutzen Jugendliche eingewanderte Wörter von "relaxen" über "chillen" bis "downloaden" besonders gern. Für Einzelbeiträge von SchülerInnen winkt ein Notebook, Schulklassen können T-Shirts gewinnen.
Einige tausend Einsendungen aus 28 verschiedenen Herkunftssprachen seien bereits eingelangt, so Pressesprecherin Noll zu derStandard.at. Am öftestens bisher eingereicht: "Fisimatenten". Im Folgenden eine Auswahl aus den Einreichungen:

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Mutterseelenallein

Herkunft: französisch ("moi tout seul")

Eingereicht von Bernd Hohlen, Augsburg: "Eine Mischung aus Poesie, Mutterwitz und Berliner Schnauze, beschreibt den Zustand der völligen Vereinsamung. Eine schöne umgangssprachliche Wortschöpfung, die sich seit zwei Jahrhunderten erfolgreich dem harten Duktus der deutschen Sprache widersetzt."

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Tohuwabohu

Herkunft: hebräisch

Martin Müller, Augsburg: „Als Vater zweier Kinder (7 und 8) habe ich eine besondere Affinität zu diesem Wort, weil mir der beschriebene Gegenstand so wohlvertraut ist. Das gilt sowohl im konkreten Sinne, wie man ein Tohuwabohu eben im Kinderzimmer oder Wohnzimmer antrifft, als auch im übertragenen Sinne, den man erlebt, wenn man mal wieder für vier Personen gleichzeitig denkt und plant. Dabei hat das Wort einen viel sympathischeren Klang als Unordnung, Chaos oder Durcheinander. (...)"

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Tee

Herkunft: chinesisch

Mario Bitter, München: "Das Wort stammt original aus dem Chinesischen, in welchem 'Tee' als 'Cha' (Sprich: Tscha) bezeichnet wird. Das betreffende Wort wird aber in den verschiedenen Dialekten des Chinesischen unterschiedlich ausgesprochen. Höchstwahrscheinlich stammt das heutige Wort 'Tee' von seiner Aussprache her aus der heute noch die Teeherstellung extensiv betreibenden Provinz Fujian, in welcher das Wort 'Cha' als 'Te' ausgesprochen wurde und immer noch wird. Über die Handelsbeziehungen (...) kam das Wort dann nach Europa und folglich auch nach Deutschland (...)."

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Etepetete

Herkunft: Französisch (être, peut-être)

Claudia Römmelt, Curitiba, Brasilien: "Für meinen Vorschlag 'etepetete' gibt es drei Gründe:
1. Ich bin mit 'etepetete' groß geworden (...)
2. 'Etepetete' ist in seiner heutigen Bedeutung (anpruchsvoll, heikel, ein Mensch gezierten, steifen Benehmens) ein wunderbares Beispiel für den Bedeutungswandel von Wörtern im Lauf der Zeit, denn ursprünglich bedeutet ,être, peut-être’ ,kann sein, vielleicht’ – bezeichnet also ein eher zurückhaltendes, abwägendes Verhalten.
3. 'Etepetete' ist unübersetzbar, nur umschreibbar. (...) Nichts ersetzt das leicht nasalierte 'etepetete' – und schliesse ich meine Augen, sehe ich sofort krause Näschen und hochgezogene Augenbrauen ... "

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Pokerface

Herkunft: US-Amerikanisch

Erika Kirsten, Hamburg: "Das Wort Pokerface beschreibt auf doch recht bizarre Weise genau dieses Thema, denn so vertraut uns die vielen Anglizismen auch sind, wir wissen wir doch meist nicht immer, was sich genau dahinter verbirgt, welche Wortherkunft es hat, wie wir es ggf. richtig ausspielen können, um im Wortgefecht als Sieger hervorzugehen. Aber es spiegelt zeitgleich auch unser Zeitalter wieder - nachdem die Karten in bestimmten Lebenssituationen ausgespielt sind, wollen oder dürfen wir oftmals keine Emotionen zeigen, es muss alles schnell gehen, für lange Überlegungen oder gefühlsschwangere Partien bleibt da eben keine Zeit. (...)"

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Teamgeist

Herkunft: Englisch und Deutsch

Roland Wolff, Berlin: "Ich finde, hier ist uns eine absolute Symbiose geglückt. Das englische Team erinnert an Aktivitäten (Fußballteam, im Team arbeiten) und der deutsche Geist steht für Wissen, Klugheit, vielleicht sogar Intelligenz. Und heraus kommt eine Gemeinschaft, die sich füreinander einsetzt. Besser können Wortkombinationen verschiedener Sprachen doch kaum eine Einheit bilden, oder?"

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Dolmetscher

Herkunft: ungarisch und osmanisch-türkisch

Patrick Krebs, Bern, Schweiz: "Der Begriff des berufsmäßigen Übersetzers stammt gemäß 'Duden: Das Herkunftswörterbuch' aus dem ungarischen Wort tolmács und dem osmanisch-türkischen tilmaç. Er bedeutet Mittler (zwischen zwei Parteien). In unseren Zeiten der gewaltigen Globalisierung und der Rhetorik des Kampfes der Kulturen fehlt es an solchen go-betweens, passeurs oder Mittlern zwischen den Kulturen. Stattdessen erklären die Anheizer, die Mächtigen und die Oberflächigen die Welt, die Zeit und den Raum monokausal. (...)

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Dolmetscher (Fortsetzung)

(...)Vermittelnde Denker gibt es schon lange. Von Amsterdam bis Istanbul, von Wilna bis Lissabon reichten die feinmaschigen europäischen Handelsnetzwerke schon zu Beginn der Neuzeit (15. Jh.). Die Osmanen eroberten Teile des heutigen Ungarns, so kam der Begriff vom Bosporus nach Norden und Westen, mit ihm der Versuch der gegenseitigen Verständigung. Neben Krieg, Gewalt und Vereinnahmung kamen über kaufmännische Mittler kulturelle Kontakte zustande. Europa entgrenzte sich, Räume wurden ver-rückt, verrückte Träume wurden wahr. ...

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Dolmetscher (Fortsetzung)

... Heute prägt die Ausgrenzung die politische Bühne. Die Türkei darf nicht in die EU, Mehmet muss zurück in SEINE 'Heimat' und Minarette sorgen für xenophobe Aufregung. Die Dolmetscher gehen im medialen Gewitter unter. Das einfache Wort nimmt die fundierte Analyse ein. (...) Es ist der Moment gekommen, das Gesprochene nachhaltig zu interpretieren, zu kritisieren und zu verstehen, im Sinne der Vermittlung von Frieden.

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Dolmetscher (Fortsetzung)

... Der Dolmetscher wird dazu gebraucht, nicht nur im deutschen, ungarischen oder türkischen Sprachraum, überall zwischen und um Bern, Berlin, Wien, Budapest, Istanbul, Baku und Taschkent herum. Neben der leiblichen und engagierten Präsenz von Dolmetschern kann die Einsicht und das Bewusstsein, das so alltägliche Wörter wie Dolmetscher einen Migrationshintergrund besitzen, mentale Bilder schaffen, die (...) kulturelle wie sprachliche Barrieren überwinden. Die Kraft des Wortes bewegt viel, sein Werden im geschichtlichen Prozess läuft weiter, ebenso die Anstrengung gegen sein Vergessen. Deshalb ist Dolmetscher das beste eingewanderte Wort."

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Und welches ist Ihr Lieblingswort mit Migrationshintergrund? Bitte posten. (red)

Wettbewerb "Wörter mit Migrationshintergrund"

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