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"Berufsschwuchtel" sei "zu wenig beleidigend": Gery Keszler blitzte vor Wiener Gericht mit Klage ab.

APA/Gindl
Der Life Ball-Organisator Gery Keszler muss sich die Bezeichnung "Berufsschwuchtel" gefallen lassen. Das hat das Wiener Straflandesgericht am Dienstag entschieden. Richterin Brigitte Zeilinger leistete einer Privatanklage des 44-Jährigen keine Folge, mit der dieser die Verurteilung von Dimitrij Grieb, persönlicher Mitarbeiter des freiheitlichen EU-Abgeordneten Andreas Mölzer und Chef vom Dienst der von diesem herausgegebenen Wochenzeitung "Zur Zeit", erwirken wollte. Zwar liege eine Beschimpfung vor, doch Keszler stehe "massiv" in der Öffentlichkeit, "und ein Mensch, der so in der Öffentlichkeit steht, muss sich auch öffentliche Kritik gefallen lassen", hieß es in der Begründung.

Grieb hatte im vergangenen Juli einen Kommentar veröffentlicht, in dem er Gery Keszler scharf angriff, "weil das jemand ist, der ständig seine geschlechtliche Orientierung zur Schau trägt wie ein Adelsprädikat", wie er nun im Grauen Haus erläuterte. Der inkriminierte Begriff sei als "Stilmittel der Übertreibung" zu sehen und "umgangssprachlich im Kontext" zu sehen: "Keszler gehört zu den obersten Zehntausend der Society. Damit muss er leben."

"Widerliches Schimpfwort und vulgär"

Der Kläger, der vor 16 Jahren den Life Ball ins Leben gerufen hat, sah das naturgemäß anders. Der Artikel habe ihn "äußerst betroffen" gemacht, der inkriminierte Ausdruck sei "ein widerliches Schimpfwort" und "vulgär". Er habe "keine Lust drauf, dass ich in einer Zeitung so diskreditiert werde", sagte Keszler.

Die Richterin sprach den Verfasser allerdings von der geltend gemachten Beleidigung frei. Die gegenständliche Bezeichnung sei zweifellos eine Beschimpfung und der gesamte Artikel "böse gegen Homosexuelle geschrieben", Grieb habe jedoch den Rahmen der freien Meinungsäußerung nicht verlassen, meinte Zeilinger: "Die persönliche Meinung wird heutzutage sehr hoch gehalten."

"Zu wenig beleidigend"

Keszler stehe "massiv in der Öffentlichkeit", "und ein Mensch, der so in der Öffentlichkeit steht, muss sich auch öffentliche Kritik gefallen lassen", begründete sie ihre Entscheidung. Das Schimpfwort sei im vorliegenden Fall "zu wenig beleidigend, um die Meinungsfreiheit außer Kraft zu setzen".

Der Life Ball-Vater will den Freispruch nicht hinnehmen. Er kündigte umgehend Rechtsmittel an, über die das Wiener Oberlandesgericht als Berufungsbehörde abzusprechen haben wird.

"Menschliches Fehlurteil"

"Es ist ein menschliches Fehlurteil: Ich fühle mich durch den Vorwurf "Berufsschwuchtel" gerade von einer Person wie dem Autor Dimitrij Grieb, der ein enger Mitarbeiter des Rechtsaußen Mölzer ist, zutiefst beleidigt. Dimitrij Grieb diffamiert mich stellvertretend für eine ganze Gruppe von Menschen."

Herrn Grieb ist jede menschliche Verantwortung gegenüber Andersdenkenden und Minderheitsgruppen abzusprechen. Es ist durchsichtig, dass er damit allgemein homosexuelle Menschen herabsetzen wollte.

Der Life Ball zählt international zu den bedeutendsten und erfolgreichsten Aids-Charity-Aktionen. Es werden jährlich Millionenbeträge aufgebracht, die den Opfern der weltweit größten Epidemie zu Gute kommen. Darüber hinaus ist dieses Ereignis ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor für die Stadt Wien geworden.

Niemand würde es als gerechtfertigt akzeptieren, wenn in gleich schamloser, herabsetzender Form über Vertreter der Krebshilfe und ähnlicher Spendenforen hergezogen wird.

Kritik von Grün-Behindertensprecherin Haidlmayr

Noch deutlichere Worte fand die Grüne Behindertensprecherin Theresia Haidlmayr, die sich "tief betroffen und zornig" zeigte, dass Keszlers Klage gegen den Artikel-Verfasser abgewiesen wurde. "Die Hemmschwelle liegt schon sehr tief, wenn es bereits ungestraft möglich ist, dass Menschen aufgrund ihrer positiven Aktivitäten diffamiert werden können", gab Haidlmayr im Hinblick auf die berufliche Tätigkeit Keszlers zu bedenken. "Wenn es jetzt gerichtlich legitimiert ist, engagierte Menschen zu diskriminieren, dann ist auch der Weg frei, Personen, die sich für Menschen mit Behinderungen engagieren, als Berufskrüppel zu bezeichnen", warnte Haidlmayr.(APA)