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Verkehr und Industrie sind mit einem Viertel der Emissionen weiterhin die größten Verursacher von CO2 in Österreich.

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Aufatmen im Umweltministerium: Der Treibhausgas-Ausstoß ist 2006 gegenüber 2005 zurückgegangen. Zu einem Großteil nicht aus eigenem Antrieb, sondern weil der Winter mild war und der Ölpreisanstieg zu sparsamerem Autoeinsatz animierte.

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Wien – Die gute Nachricht ist, dass Österreich seine Treibhausgas-Emissionen im Jahr 2006 gegenüber dem Vorjahr um 2,2 Millionen Tonnen Treibhausgase (CO2-Äquivalent) reduziert hat. Die schlechte Nachricht ist, dass Österreich damit weiterhin meilenweit vom Kioto-Ziel von 68,8 Millionen Tonnen pro Jahr entfernt ist, und zwar um genau 22,4 Millionen Tonnen (2005: 24,5 Mio.). Auch dürfte die Erleichterung nur von kurzer Dauer sein. Bei den Zahlen von 2007 wird bereits jetzt angenommen, dass die Zunahmen überwiegen.

Umweltminister Josef Pröll sieht Österreich damit auf Schiene: "Man sieht, dass die Maßnahmen zu greifen beginnen", sagt er und führt als Beispiel vor allem die Agrarkraftstoff-Beimischung an, die im Bereich Verkehr die schädlichen Kohlendioxid-Emissionen reduzierte. Auch die saftigen Ölpreise zeigten Wirkung, wie Wifo-Expertin Angela Köppl betont: "Der Ölpreisschock hat den privaten Konsum gedämpft." Ob auch der Tanktourismus – der bisher immer als offizielle Begründung für die ausufernden Verkehrsemissionen herhalten musste – zurückgegangen ist, bezweifeln die Experten. Silva Herrmann von Global 2000 ist überhaupt der Meinung, dass die Annahme, 30 Prozent aller im Verkehr verursachten Emissionen gingen auf das Konto des Tanktourismus, zu hoch gegriffen ist.

Wirtschaftsklima

Der Rückgang bei den durch Raumwärme verursachten Treibhausgasen ist wiederum auf den Wettergott zurückzuführen. Die Zunahme bei Industrie/Energieversorgung von 500.000 Tonnen geht auf das Konto des hohen Wirtschaftswachstums. Peter Koren, Vizegeneralsekretär von der Industriellenvereinigung – die Industrie emittierte davon 200.000 Tonnen mehr – betont, dass "weniger CO2 pro produzierter Einheit" emittiert wurde.

Die Erleichterung bei den offiziellen Stellen dürfte aber nur von kurzer Dauer sein. Zieht man die derzeit 22,4 Millionen Tonnen Zielabweichung vom Kioto-Protokoll heran, werden 2,6 Millionen Tonnen vom Emissionshandel kompensiert; neun Millionen Tonnen durch den Ausgleichshandel über Projekte mit Entwicklungs- und Schwellenländern. Dafür wurde bereits budgetär mit 300 Millionen Euro vorgesorgt (zuletzt wurden Windparks in China finanziert). Weitere 0,7 Millionen Tonnen von CO2 & Co. werden durch Aufforstungen egalisiert. Damit bleiben, basierend auf den 2006er Zahlen, noch immer elf Millionen Tonnen (2005: 12,2 Mio. Tonnen) Treibhausgase, die zu reduzieren sind.

Bezogen auf die gesamte fünfjährige Kioto-Periode (die mit Anfang 2008 startete), bedeutet dies, dass bei fehlender Gegensteuerung sich das Kioto-Defizit auf rund 55 Millionen Tonnen beläuft. Dafür würden dann Strafzahlungen auflaufen, für die Experten bereits rund 1,5 Milliarden Euro veranschlagt haben.

Für Wifo-Ökonom Stefan Schleicher lassen die Daten der Klimabilanz 2006 einige Fragen offen. So sei es fraglich, warum es bei einem warmen Winter keine größere Reduktion im Wärmebereich gegeben habe. "Die Distanz zum Kioto-Ziel ist nach wie vor sehr groß", erklärte er der Presseagentur APA. Auch der Rückgang im Verkehrsbereich sei nicht dauerhaft, da der Individual-Nahverkehr in Österreich weiterhin stark zunehme, was auf verfehlte Raumplanung zurückzuführen sei. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.01.2008)