Bild nicht mehr verfügbar.

Frank Hsieh (im Bild) löst den scheidenden Staatspräsidenten Chen Shui-bian an der Parteispitze ab.

Foto: reuters
Taipeh - Nach der vernichtenden Schlappe bei den Parlamentswahlen hat Taiwans regierende Demokratische Fortschrittspartei (DPP) am Montag ihren Präsidentschaftskandidaten zum neuen Parteichef gekürt. Frank Hsieh löst den scheidenden Staatspräsidenten Chen Shui-bian an der Parteispitze ab. "Nach dieser Niederlage müssen wir mehr auf die Stimme des Volkes hören, müssen wir gründlich nachdenken", sagte ein DPP-Sprecher.

Die DPP, die die Eigenständigkeit der Insel propagiert, hatte bei den Wahlen am Samstag die schlimmste Wahlniederlage ihrer Geschichte erlitten, während die oppositionelle Nationalpartei Kuomintang (KMT), die für eine Verständigung mit Peking eintritt, einen haushohen Sieg errang. Die Demokratische Fortschrittspartei hat kaum noch eine Chance, die Präsidentenwahl am 22. März zu gewinnen.

KMT-Präsidentschaftskandidat Ma Ying-jeou kündigte direkt nach dem Wahlsieg an, sich für den Fall seiner Wahl zum Präsidenten "für ein Friedensabkommen" mit Peking starkzumachen.

Zweidrittelmehrheit

Die Kuomintang eroberte 81 der 113 Abgeordnetensitze und verfügt damit über die Zweidrittelmehrheit im Legislativ-Yuan. Vor der Demokratisierung des politischen Systems Anfang der 1990er Jahre regierte sie als Staatspartei autoritär. Die Kuomintang war in China seit 1928 an der Macht und musste nach ihrer Niederlage im Bürgerkrieg gegen die Kommunisten 1949 auf die Insel ausweichen. Im Gegensatz zur Demokratischen Fortschrittspartei, die die Eigenstaatlichkeit Taiwans anstrebt, verteidigt die KMT ebenso wie die Führung in Peking das "Ein-China"-Dogma. Die KMT konnte von einer Serie von Korruptionsskandalen profitieren, in die die DPP im vergangenen Jahr verstrickt war. Die Präsidentenpartei stellt künftig nur 27 Abgeordnete.

Die kommunistische Führung in Peking war verärgert über die Politik von Chen Shui-bian, die demokratische Inselrepublik stärker in Richtung Unabhängigkeit zu steuern, und hatte auf diese Pläne wiederholt mit der Androhung militärischer Maßnahmen reagiert. 2005 beschloss der Volkskongress in Peking das sogenannte Antisezessionsgesetz, das die chinesische Armee zu einem Militärschlag ermächtigt, falls sich die Insel von China loslösen oder einer Wiedervereinigung auf ewig entziehen wolle. Die Formel "Ein Land - zwei Systeme", die Peking für die Wiedervereinigung angeboten hatte, war von der taiwanesischen Regierung als untauglich und als "Schwindel" abgelehnt worden. Sie bezog sich auf das Modell des gleichgeschalteten Sonderverwaltungsgebiets Hongkong.

"Taiwan Relations Act"

Im "Taiwan Relations Act" hatten die USA 1979 der Insel vertraglich garantiert, ihr im Fall eines Angriffs zu Hilfe zu kommen. 1996 hatte der damalige US-Präsident Bill Clinton Flugzeugträger in die Straße von Formosa entsandt, als die Kommunisten auf dem Festland während der ersten demokratischen Präsidentenwahl auf der Insel demonstrativ Raketen abfeuerten. Nach taiwanesischen Angaben hat die Volksrepublik etwa tausend Raketen auf Taiwan gerichtet. Zuletzt hatte Chen Shui-bian Peking einen Friedensvertrag ohne Vorbedingungen angeboten und zugleich die Eigenständigkeit der Insel betont. Eine Verständigung sei allerdings unmöglich, solange Peking am sogenannten Ein-China-Prinzip festhalte, sagte Chen in seiner Neujahrsbotschaft. (APA)