Bundesministerin Claudia Schmied traf bei der Auftaktveranstaltung "Querdenken" SchülerInnen aus 24 EU-Mitglieds- und Westbalkanländer.

Foto: lionel favre

Schmied wird bei Projekten und Veranstaltungen zum Europäischen Jahr des interkulturellen Dialogs 2008 "so oft wie möglich" anwesend sein.

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Anlässlich des Europäischen Jahres des interkulturellen Dialogs (EJID 2008) will Claudia Schmied, Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur, Schwerpunkte auf Mehrsprachigkeit und Integration legen. Um darauf aufmerksam zu machen, welche Chancen in kultureller Vielfalt liegen, setzt sie auf mediale Kooperation.

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derStandard.at: Was will die Europäische Union mit dem Jahr des interkulturellen Dialogs erreichen?

Claudia Schmied: Das zentrale Anliegen der EU ist es, dass kulturelle Vielfalt mit positiven Bildern besetzt wird. Daher wird es eine große Informationsoffensive für die EU-Bürger geben. Das ist leider notwendig, denn das Thema wird oft in eine andere Richtung besprochen: Zuwanderung wird in den einzelnen Ländern negativ wahrgenommen. Es geht darum, die kulturellen Hintergründe als Chance zu sehen.

Als ich noch in der Bank gearbeitet habe, gaben wir quartalsweise Pressekonferenzen. Damals haben wir jedes Mal stolz darauf hingewiesen, dass in unserer Bank Menschen aus zwanzig verschiedenen Nationen arbeiten. Genau darum geht es: Europa muss auf seine kulturelle und sprachliche Vielfalt stolz sein.

derStandard.at: Mit welchen Initiativen und Schwerpunkten wollen sie ihre Anliegen den ÖsterreicherInnen vermitteln?

Schmied: Am 28. Februar starten wir mit einem kulturell vielfältigen Eröffnungskonzert in der Wiener Stadthalle. Der Auftakt ist immer entscheidend, daher wollen wir ein großes, medial beachtetes Ereignis bieten. Bereits jetzt stehen 200 Veranstaltungen fest und viele weitere sind in Planung. Ich freue mich auf die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger.

derStandard.at: Sie haben angekündigt, dass Sie auch persönlich mit den Menschen in Kontakt treten wollen. Am Wochenende trafen Sie im Haus der Musik SchülerInnen aus EU-Staaten und Westbalkanländern. Was ist in den kommenden Monaten noch geplant?

Schmied: Zum Beispiel findet eine Dialogtour in den Monaten April und Mai in allen Bundesländern statt. Wichtig ist dabei, dass das offene Veranstaltungen werden, Marktplätze des interkulturellen Austausches, wo Menschen auch mit anderen Kulturen konfrontiert werden, wie sie es vielleicht gar nicht erwarten. Ich werde mich persönlich engagieren. Ich werde nicht in jedem Bundesland dabei sein können, habe aber vor, so oft wie möglich dabei zu sein.

derStandard.at: Welches Thema ist Ihnen ein persönliches Anliegen?

Schmied: Mehrsprachigkeit. Heuer findet auch das UN-Jahr der Sprachen statt. Insofern geht das über Europa und die Europäische Union hinaus.

Es sind eine Vielzahl von Fachtagungen und Konferenzen mit internationaler Beteiligung geplant. Wir werden im Herbst mit Kommissar Leonard Orban, der für den Bereich Mehrsprachigkeit innerhalb der EU verantwortlich ist, versuchen, die UN-Initiative mit unseren Projekten zu koppeln. Im österreichischen Sprachen-Kompetenzzentrum mit Sitz in Graz werden Konferenzen, Tagungen und ExpertInnentreffen statt finden.

derStandard.at: Das Thema Sprache wird in Österreich zur Zeit vor allem in Verbindung mit MigrantInnen besprochen. Welche Maßnahmen sind im Bildungsbereich geplant, um Kinder zu fördern, die schlecht Deutsch beherrschen?

Schmied: Jedes Kind, das in Österreich zur Schule geht, muss die deutsche Sprache gut können. Der Erfolg der Bildung hängt von der Integration ab. Daher ist es wichtig, dass wir mit unseren Maßnahmen früh ansetzen, zum Beispiel mit den Projekten der Bundesregierung mit Sprachförderung bereits im Kindergarten zu beginnen. Ich möchte aber im muttersprachlichen Unterricht ebenfalls einen Schwerpunkt setzen. Denn nur wenn man seine Muttersprache gut beherrschaft, kann man sich auch in weiteren Sprachen sicher bewegen.

Im Zuge des multilingualen Schwerpunkts wollen wir eine mehrsprachige DVD für Eltern von Kindern mit Migrationshintergrund machen. In den Infobroschüren oder im Internet sind die Informationen über rechtliche Rahmenbedingungen zum schulischen Alltag für Eltern mit Migrationshintergrund manchmal aus sprachlichen Gründen schwer verständlich. Wir wollen ihnen Informationen in einem Medium bieten, das einfach zu konsumieren ist: Durch eine DVD in deren Muttersprache.

derStandard.at: Wird es in den Schulen Veränderungen geben?

Schmied: Ich möchte, dass es mehr Lehrerinnen und Lehrer gibt, die selbst Migrationshintergrund haben. Das halte ich deshalb für so wichtig, weil wir auch die Eltern ansprechen müssen. Es ist aber nicht nur wichtig, dass jedes Kind, das in Österreich zur Schule geht, Deutsch beherrscht, sondern es geht auch um den Umgang der Schulen mit den Bräuchen der verschiedenen Kulturen. Wenn wir eine multikulturelle Lehrerschaft haben, sind andere Zugänge möglich. Wir haben einen Reichtum an mehrsprachig begabten Migrantenkindern. Es wäre sozial fatal, darauf zu verzichten und ökonomisch unsinnig. (Julia Schilly/derStandard.at, 14. Jänner 2008)