Herr G. auf dem hilfreichen Heber. Der Lift darf bleiben.

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Wien - Die Josefstädter Bezirksrichterin Renate Thumb kann zufrieden sein: Wieder einmal einen Streit mitten im Achten (vorerst) geschlichtet. Der kleine Lift, mit dem Serafin G. in seinem Rollstuhl die vier Stufen im Eingangsbereich des Biedermeierhauses ohne fremde Hilfe überwinden kann, muss nicht abmontiert werden. Vorausgesetzt, das noch laufende Genehmigungsverfahren findet einen positiven Abschluss.

Wie der STANDARD berichtete, hatte ein Nachbar des an Muskeldystrophie erkrankten Galeriebesitzers verlangt, dass der Lift mit ausklappbarer Plattform verschwinden müsse und eine Klage wegen Besitzstörung eingebracht. Grund: Er habe niemals seine Zustimmung gegeben, der Lift sei in einer Nacht-und-Nebel-Aktion eingebaut worden, argumentierte der Nachbar, Rechtsanwalt von Beruf. Was Herrn G. überraschte, weil bei einer früheren Hauseigentümerversammlung kein Einwand gekommen sei und er sich auf die mündliche Zusage verlassen hatte.

Auf Vergleich geeinigt

Richterin Thumb stand vor der schwierigen Situation, dass der Einwand des Rechtsanwaltes wohl rechtens war, aber ein positives Genehmigungsverfahren zu erwarten ist. Was im Klartext heißt, dass der Lift zuerst abmontiert und später wieder eingebaut worden wäre. Um diesen Schildbürgerstreich zu verhindern, unternahm die Richterin vergangenen Freitag einen letzten Versuch: "Was machen wir?" Herausgekommen ist folgender Vergleich: Herr G. zahlt die bisherigen Prozesskosten von rund 1270 Euro, dafür verzichtet der Rechtsanwalt auf "exekutive Schritte für die Entfernung des Liftes", wenn die Genehmigung durchgeht. Für den maßgefertigten Treppenlift hat Herr G. übrigens 12.000 Euro hingeblättert.

Jetzt stören nur noch Kleinigkeiten das Nachbarschaftsverhältnis. Das Namensschild auf der Wohnungstür von Herrn G. ist eineinhalb Zentimeter höher angebracht als bei anderen Hausparteien - und das in einem von Joseph Kornhäusel erbauten Wohnhaus. (Michael Simoner; DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.1.2008)