Wien - Die neuen EU-Staaten profitieren von der Einheitssteuer. Die Flat Tax sei für Länder im Übergang von einer zentral gelenkten Planwirtschaft zur Marktwirtschaft ideal, so Steuerexpertin Margit Schratzenstaller vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) am Freitag im ORF-Mittagsjournal. Im ehemaligen Ostblock müsse man sich erst an die Besteuerung des privaten Einkommens gewöhnen: "Das Grundprinzip der Einheitssteuer ist die Kombination eines relativ geringen Steuersatzes mit einer sehr breiten Bemessungsgrundlage, das heißt gleichzeitig es gibt relativ wenige Ausnahmen."

Seit 1. Jänner müssen alle Bulgaren nur mehr einheitlich zehn Prozent Einkommensteuer zahlen. Das ist die niedrigste Flat Tax der Europäischen Union. In Tschechien beträgt die Einkommensteuer seit Jahresbeginn einheitlich 15 Prozent. Auch fünf weitere EU-Staaten haben sich für die Einheitssteuer entschieden: die baltischen Länder Estland, Lettland und Litauen mit einheitlich 22 bis 25 Prozent, in Rumänien gilt ein Einheitssteuersatz von 16 Prozent und in der Slowakei sind es 19 Prozent.

Niedrige Steuer statt Schwarzarbeit

In Übergangsländern gebe es sehr viel Schwarzarbeit, dem wirke die niedrige Einheitssteuer entgegen, so Schratzentaller. Viele illegale Aktivitäten würden dadurch legal abgewickelt, wodurch der Staat zusätzliche Steuereinnahmen lukrieren könne. Gleichzeitig werde die Steuermoral - also die Bereitschaft der Bevölkerung, Einkommen und Gewinne zu versteuern - allgemein angehoben. Bulgarien erhofft sich heuer mehr 280 Mio. Euro zusätzliche Steuereinnahmen. Schon im Vorjahr hat das Land die Körperschaftssteuer von 15 auf 10 Prozent gesenkt, als Folge wurde fast ein Viertel mehr Unternehmenssteuer eingenommen.

Für Unternehmen seien niedrige Steuern allein kein Grund, in einem bestimmten Land zu investieren. Infrastruktur, Ausbildung der Mitarbeiter und Lohnkosten seien mindestens ebenso wichtig. Außerdem müsse man die unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen berücksichtigen, sagt Klaus Bauer-Mitterlehner, Steuerberater beim Wirtschaftstreuhänder TPA Horwath: "Ein Investor, der ins Ausland geht, hat häufig hohe Fremdkapitalkosten. Gerade in den osteuropäischen Ländern ist es so, dass sehr häufig die Abzugsfähigkeit der Zinsen eingeschränkt wird." Dadurch stiegen die Bemessungsgrundlage und in weiterer Folge das Steueraufkommen, so Bauer-Mitterlehner.

Harmonisierung der Bemessungsgrundlagen

Die EU-Kommission wünscht sich eine Harmonisierung der Bemessungsgrundlagen, um mehr Übersichtlichkeit zu erreichen. Mehr Steuerwettbewerb sei aber gut für die Unternehmen, meint Experte Bauer-Mitterlehner, weil die Steuersätze dadurch sinken. Als positives Beispiel nennt er die Schweiz, wo sogar einzelne Kantone unterschiedliche Steuersätze haben.

In Österreich steigt die Steuerlast mit dem Einkommen: Ab 51.000 Euro Jahreseinkommen wird der Spitzensteuersatz von 50 Prozent angewendet. Eine Flat Tax hätte für ein entwickeltes Industrieland mehr Nachteile als Vorteile, sagt Wifo-Expertin Schratzenstaller. Aufgrund der breiten Bemessungsgrundlage fielen viele Ausnahmeregelungen und damit Möglichkeiten für lenkende Maßnahmen weg. Als Beispiel nennt Schratzenstaller die Forschungsförderung, die in Österreich sehr stark auf steuerlichen Vergünstigungen basiert. Sie geht davon aus, dass auch die Flat-Tax-Länder in Zukunft höhere Steuern für höhere Einkommen einführen werden. Wenn die öffentlichen Leistungen besser werden, braucht auch der Staat mehr Einnahmen und mit steigender Wirtschaftskraft können die Steuerzahler höher belastet werden. (APA)