Nairobi - Nach dem Scheitern internationaler Bemühungen zur Beilegung der politischen Krise in Kenia hat die Opposition zu neuen Massenprotesten aufgerufen. Am Mittwochvormittag solle im Uhuru-Park in der Hauptstadt Nairobi eine Großkundgebung stattfinden, erklärte am Freitag die Orange Demokratische Bewegung (ODM) von Oppositionsführer Raila Odinga. Die Regierung habe gezeigt, dass sie an einem Krisenmanagement mit Unterstützung von Vermittlern nicht interessiert sei. Deshalb würden die landesweiten Demonstrationen umgehend wieder aufgenommen. Vorige Woche verhinderte die Polizei mit Wasserwerfern und Tränengas Oppositionskundgebungen in Nairobi.

Die Opposition hatte am vergangenen Montag eine für Dienstag geplante Großkundgebung unter Verweis auf die laufenden internationalen Vermittlungsbemühungen abgesagt. Odinga hatte zudem eine dreimonatige Übergangsregierung mit anschließender Wiederholung der Präsidentenwahl ins Spiel gebracht. Odingas Partei bestreitet, dass der bisherige Präsident Mwai Kibaki die Präsidentschaftswahl vom 27. Dezember gewonnen hat.

Zu Zweifeln an der Glaubwürdigkeit des Ergebnisses trug am Freitag auch eine Erklärung des Vorsitzenden der Wahlkommission bei: Das Gremium sei nicht verantwortlich für die Veröffentlichung einer amtlichen dreiseitigen Anzeige in führenden Zeitungen mit den Wahlergebnissen, wurde Samuel Kivuiti am Freitag in der Zeitung "The Standard" zitiert. Offenbar habe jemand Außenstehender auf die Veröffentlichung gedrängt. Kivuiti hatte Kibaki zunächst zum Wahlsieger erklärt, später aber betont, er sei dazu gedrängt worden.

In ganz Kenia dauerten unterdessen die Unruhen an. In der Nähe der Stadt Kisii im Westen des Landes gab es am Freitag nach Polizeiangaben gewalttätige Auseinandersetzungen der Anhänger von Präsident Kibaki und Unterstützern Odingas. Sechs Häuser gingen in Flammen auf, mindestens ein Mensch wurde verletzt. Im erbitterten Streit um den Ausgang der Wahl starben bisher nach Polizeiangaben mindestens 600 Menschen, mehr als 250.000 sind auf der Flucht, überwiegend in Hochburgen der Opposition um Nairobi und im Westen des ostafrikanischen Landes. Die Bischöfe von Kenia riefen für den 20. Jänner einen "nationalen Gebetstag" für die Versöhnung in dem Land aus, wie Kathpress meldete.

Eine an den Vermittlungsbemühungen beteiligte Gruppe ehemaliger afrikanischer Staatschefs forderte die Konfliktparteien im Interesse einer "dauerhaften Lösung des Konflikts" zu einem "konstruktiven Dialog" auf. Der Gewalt müsse umgehend ein Ende gesetzt werden, hieß es in einer vom früheren mosambikanischen Präsident Joaquim Chissano verlesenen Erklärung. An der Pressekonferenz in Nairobi nahmen auch die Ex-Präsidenten Botswanas und Sambias, Ketumile Masire und Kenneth Kaunda, teil.

Die US-Sondergesandte für Afrika, Jendayi Frazer, setzte unterdessen ihre Vermittlungsbemühungen fort. Vor ihrer Abreise am Freitagabend plante sie ein Gespräch mit Präsident Kibaki, teilte die US-Botschaft in Nairobi mit. Frazer hatte während ihres mehrtägigen Aufenthalts in dem ostafrikanischen Land vergeblich versucht, Kibaki und Odinga zu einer Einigung zu bewegen. Sie war dabei vom ghanesischen Präsidenten John Kufuor unterstützt worden, der Kenia bereits am Donnerstag verlassen hat. Nun soll der ebenfalls aus Ghana stammende frühere UNO-Generalsekretär Kofi Annan in der Krise vermitteln.

Kenias Tourismusbranche erlitt infolge der Unruhen Verluste in Höhe von vier Milliarden kenianischen Schilling (42 Millionen Euro). Die Krise im Land habe "Jahre der Planung und des gemeinsamen Marketings" zunichtegemacht, beklagte der Tourismusverband. Die Auslastung in den Hotels in Nairobi und an der Küste sei um 50 Prozent zurückgelastet, Charterflüge hätten eine Auslastung von nur noch 15 Prozent. 20.000 Arbeitsplätze seien im Hotelsektor in Gefahr. Im Vorjahr erwirtschaftete der kenianische Tourismussektor 600 Millionen Euro. Mehrere Länder, darunter auch Österreich, raten wegen der politischen Krise von Reisen nach Kenia ab. (APA/AP)