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Gordon Brown: Zunächst überraschend beliebt, jetzt in den Umfragen weit abgerutscht.

Foto: Reuters/Jeff Overs
Wenn ein Regierungschef seinem Minister öffentlich „vollstes Vertrauen” bescheinigt, ist die Situation meist schon prekär. Als wolle er jeden Zweifel am Ernst der Lage ausschließen, ging Großbritanniens Premier Gordon Brown noch einen Schritt weiter. In der gestrigen Ausgabe des Boulevardblatts Sun bescheinigte der Schotte seinem durch eine Finanzaffäre angeschlagenen Sozialminister Peter Hain, dieser habe „ausgezeichnete Arbeit” geleistet: „Es wäre ein schwerer Verlust, wenn er das Kabinett verlassen müsste.” Die Entscheidung liege jetzt „bei den zuständigen Gremien”.

Die angesprochenen Institutionen sind die Wahlkommission sowie der parlamentarische Ombudsmann. Beiden Aufsehern gegenüber hatte Hain (57) versäumt, politische Spenden in Höhe von 103.000 Pfund (136.000 Euro) offenzulegen – ein klarer Verstoß gegen geltendes Recht. Mit dem Geld hatte der Ex-Nordirland-Minister 2007 seine Kampagne für das Amt des Vizevorsitzenden seiner Labour-Partei finanziert.

Zusätzliche Brisanz erhielt das „peinliche Versäumnis” (Hain) durch die Nachricht, dass knapp die Hälfte der Summe durch die Bücher einer Briefkastenfirma geschleust worden war – offenbar um die Identität spendenfreudiger Geschäftsleute geheim zu halten.

Im Regierungsviertel Whitehall unterstellt niemand dem Minister sinistre Absichten. Wenn er zurücktreten müsse, seufzt die Guardian-Kolumnistin Jackie Ashley, „dann nicht wegen Betrugs oder Mauscheleien, sondern wegen politischer Dummheit”. Seinen Hauptspender, einen 83-jährigen Diamantenhändler, kennt der gebürtige Südafrikaner Peter Hain aus gemeinsamen Aktivitäten gegen Korruption in Afrika. Zu Hilfe kommen könnte ihm allenfalls die traurige Lage seiner Partei: Übers Wochenende lag Labour in den Umfragen um bis zu zehn Prozent hinter den oppositionellen Tories.

Hains Rücktritt könnte Gordon Brown ungelegen kommen bei dem Versuch, als starker, entscheidungsfreudiger Regierungschef bei der Bevölkerung Punkte zu machen.

Bei der Labour-Party macht sich inzwischen Galgenhumor breit. Dass der mit vergleichsweise großem Budget operierende Hain bei der Wahl zum Parteivize auf dem vorletzten Platz landete, müsse man positiv sehen, sagt ein Hinterbänkler im Gespräch mit dieser Zeitung: „Wenigstens gewinnt nicht immer derjenige, der am meisten ausgibt.“ (Sebastian Borger aus London/DER STANDARD, Printausgabe, 15.1.2008)