Graz - "Der Wahlkampf ist einer Menschenrechtsstadt nicht würdig", zog der Völkerrechtler Univ.-Prof. Wolfgang Benedek, Vorsitzender des Grazer Menschenrechtsbeirats, am Donnerstag kritisch Bilanz über die Auseinandersetzung vor der Gemeinderatswahl am 20. Jänner. Das Monitoring nach dem Ampelsystem, das von einem Fairnessabkommen der Parteien ergänzt wurde, müsste den Wahlkampf mit "Gelb" beurteilen. Aufgrund der klaren Abgrenzung von SPÖ, ÖVP, KPÖ und Grünen gegen BZÖ und FPÖ, die einen "roten" Wahlkampf führten, wurde die Wahlwerbung aber insgesamt als "vorbildlich" mit "Grün" bewertet.

"Nicht gerade grün"

Die Gesamtbewertung wäre nicht leicht, so Benedek. Das Gesamterscheinungsbild sei nicht gerade "Grün" gewesen: BZÖ und FPÖ, die weder im Beirat noch beim Fairnessabkommen dabei sind, machten "eindeutig diskriminierende Wahlwerbung". Beim BZÖ herrsche "ein selektives Menschenrechtsbild" vor, erklärte der Völkerrechtler: "Man kann sich die Rechte nicht wie Rosinen aus dem Kuchen picken." Die vier restlichen Parteien führten einen hauptsächlich im grünen Bereich gelegenen Wahlkampf. Da sie sich nicht "hinüberziehen ließen", fiel das Gesamturteil "Grün" aus.

Schwierigkeiten der Beurteilung zeigten sich besonders im Bereich der ethnischen Herkunft, so Klaus Starl von der zuständigen Arbeitsgruppe innerhalb des Menschenrechtsbeirates: "Bei diesem Thema fand eine starke Polarisierung statt." Die vier Parteien bezogen klare Position zum kommunalen Wahlrecht für Ausländer, sie fielen mit "positiven Maßnahmen" auf - BZÖ und FPÖ nicht. Nur beim Punkt Religion gab es vonseiten der FPÖ "eine Anpassung der Diktion", so Benedek. Die KPÖ sei in einigen Bereichen nicht beurteilt worden, weil sie bei einigen Positionen völlig abwesend gewesen sei.

Beispiel Kinderrechte

Benedek zeigte sich davon überzeugt, dass die Wahlkampfbeobachtung Wirkung gezeitigt habe, da sie "präventiv gewirkt hätte". Unter anderem konnte "ein Ausländerwahlkampf hintangehalten werden" - ausgenommen die beiden "Rote Ampel-Parteien". SPÖ, ÖVP, KPÖ und Grüne hätten ihre Positionen partiell im Sinne der Menschenrechte korrigiert. Als Beispiel wurde das Thema "Kinderrechte" genannt, wo im November an die ÖVP eine "Gelbe" Ampel vergeben werden musste. Nach der Korrektur sei im Dezember alles im grünen Bereich gewesen.

Der Menschenrechtsbeirat hoffe, dass der Gemeinderatswahlkampf "keine Beschädigung der Menschenrechtsstadt Graz" zu Folge habe, so der Vorsitzende. Das Grazer Wahlkampf-Monitoring hat aber inzwischen auch international Interesse gefunden. Es gebe bereits Gespräche mit der UNESCO "Städtekoalition gegen Rassismus". (APA)