In Rumänien gibt es neuen Streit zwischen Staatspräsident Traian Basescu und Premier Calin Popescu Tariceanu. Wieder einmal geht es um das Problemkind Justiz. Das Ressort muss zum dritten Mal seit 2004 neu besetzt werden, nachdem Minister Tudor Chiuariu Anfang Dezember wegen Korruptionsvorwürfen zurückgetreten ist.

Basescu will die von Tariceanu als Justizministerin nominierte Senatorin Norica Nicolai nicht ernennen. Tariceanu wiederum will niemand anderen vorschlagen. Dabei hatte Tariceanu sich mit Nicolais Nominierung widerwillig dem Plan seiner Nationalliberalen Partei (PNL) gebeugt. Er hatte dieselben Vorbehalte wie auch Basescu: Nicolai hat ein schlechtes Image, nachdem ein Besuch ihrer Nichte im Senat für einen Skandal gesorgt hatte. Die Nichte hatte im Plenarsaal mit der Stimmkarte ihrer Tante hantiert, sodass „der Eindruck entstanden“ war, dass sie damit abgestimmt habe, wie Basescu schrieb. Zwar hat die Nichte letztendlich nicht abgestimmt, dennoch bietet der Fall Angriffsfläche.

Basescu nutzt grundsätzlich jeden Anlass für Attacken gegen Tariceanu. Der Präsident kann Nicolais Ernennung zwar nicht verhindern, doch sein Einspruch lässt erahnen, dass die voraussichtliche neue Ministerin in ihrem kurzen Mandat bis zu den Parlamentswahlen im Herbst unter Dauerbeschuss stehen wird. Dies klingt katastrophal für die Zukunft der stockenden Justizreform, die von der EU mit Argusaugen beobachtet wird. Rumänien wurde 2007 in die EU aufgenommen, weil die damalige Justizministerin Monica Macovei den Eindruck vermittelt hatte, dass sie die Reform bewerkstelligen würde. Zwar hat die zu Ostern 2007 entlassene Macovei Voraussetzungen für die Professionalisierung der Justiz geschaffen – doch wird dieser Rahmen nicht genutzt.

Manches, wie etwa die Schaffung der Antikorruptions-Staatsanwaltschaft DNA, wirkt sogar fragwürdig. Macovei hatte DNA genutzt, um dort Juristen ihres Vertrauens einzusetzen. DNA darf aber nur gegen korrupte Politiker ermitteln, wenn die Schadenssumme eine Million Euro übersteigt. Diese Aufsplitterung der Kompetenzen führte zum Beispiel zur Verzögerung des Betrugsverfahrens gegen Ex-Vizepremier George Copos. Das Oberste Gericht hat entschieden, dass DNA für Copos nicht mehr zuständig sei, weil der Schaden nur 954.020 Euro beträgt. DNA hatte den falschen Wechselkurs benutzt. Jetzt müssen etliche Beweise neu beschafft werden.

Seit Beginn des Antikorruptions-Kreuzzugs ist noch kein rumänischer Politiker verurteilt worden. Massenhaft haben Richter Fälle wegen Verfahrensfehlern an die Staatsanwälte zurückgeschickt. Das wirkt, als würde sich der Apparat gegen das Großreinemachen wehren. (Kathrin Lauer aus Bukarest/DER STANDARD, Printausgabe, 10.1.2008)