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Die Fahrt in die Post-Kioto-Periode wird für die europäische Industrie schmerzhaft.

Foto: AP/Martin Meissner
Das EU-Klimapaket für die Phase ab 2013 nimmt Konturen an. Auf die Voest kommt eine Verzehnfachung der CO2-Kosten zu. Die Ideen für Strafzölle auf Importe wurden stark verwässert.

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Brüssel/Wien - Das Match um die Lastenteilung in Sachen Klimaschutz ist - zumindest in Brüssel - gelaufen. Nach einer internen Konsultation liegt dem Standard nun der letzte Entwurf über Klimaschutz und Emissionshandel ab 2013 vor, der massive Belastungen für Industrie und Energieerzeuger vorsieht. Die künftig komplette Versteigerung von Verschmutzungszertifikaten wird die Unternehmen mit vielen Milliarden Euro belasten, weshalb die Industrie mit der Abwanderung aus Europa droht.

Allein die Papierindustrie hat Mehrkosten von einer Milliarde Euro errechnet. Besonders hart trifft es zudem die Stahlhersteller: Die Voestalpine muss bis 2020 mit Klimaschutz-Kosten von 200 Mio. Euro rechnen. Die Wirtschaftsvereinigung Stahl beziffert die Belastung der deutschen Branche zu diesem Zeitpunkt mit ebenfalls einer Milliarde. Unter diesen Bedingungen könne in Europa kein Stahlwerk mehr errichtet werden, so der Branchenverband laut einem Bericht der FAZ. Auch die Voest werde die künftigen Rahmenbedingungen in ihre Kalkulationen einbeziehen müssen, erklärte Unternehmenssprecher Peter Schiefer. Davon betroffen sein dürften die Überlegungen zum Bau eines neues Stahlwerks in Rumänien.

Ende der Gratiswelle

Grund für die Alarmstimmung ist der im Vorschlag der EU-Kommission enthaltene Passus, wonach die Industrie künftig zeitlich gestaffelt immer mehr CO2-Zertifikate ersteigern muss. 2020 - zum Endpunkt der Post-Kioto-Phase - sollen die Firmen dann überhaupt keine Gratis-Verschmutzungsrechte mehr erhalten, heißt es in dem von Umweltkommissar Stavros Dimas ausgearbeiteten Entwurf. Die Berechnungen der Industrie basieren auf einem Preis von 35 Euro je Tonne Kohlendioxid.

Allerdings hat Dimas auf Drängen von Unternehmenskommissar Günther Verheugen eine Erleichterung für energieintensive Betriebe eingebaut, sollten andere wichtige Handelsblöcke beim globalen Klimaschutz nicht mitspielen. In diesem Fall könnten CO2-Zertifikate ohne Bezahlung ausgegeben werden, um Wettbewerbsnachteile für die Unternehmen zu verhindern.

Die im ursprünglichen Entwurf auf Verheugens Druck vorgesehene Belastung von Importen aus solchen Ländern wurde weitgehend verwässert. Das sei "nicht mehr aktuell", erklärte Dimas am Dienstag. Nun ist lediglich vorgesehen, 2011 über einen "Ausgleichsmechanismus" nachzudenken, um Waffengleichheit zu schaffen. Auf Intervention von Handelskommissar Peter Mandelson wurde klargestellt, dass allfällige Maßnahmen zulasten von Produzenten aus Staaten wie China, Indien oder den USA im Einklang mit den Regeln der Welthandelsorganisation zu erfolgen hätten. Damit sei die Idee "tot", hieß es aus der Kommission.

Trotz der vernichtenden Kritik der Industrie an den Klimaauflagen gibt es eine kleine Erleichterung. Die Nationalen Aktionspläne der Mitgliedsstaaten fallen künftig weg, weil die Emissionszertifikate zentral in Brüssel versteigert werden sollen. Damit würden wenigstens Ungleichbehandlungen innerhalb der Union vermieden, hieß es gestern.

Weiterhin nationale Angelegenheit bleibt die Kürzung der Treibhausgase für Gewerbe, Hausbrand und Verkehr. Hier vermeidet Brüssel eine Festlegung, welche Länder ihre Emissionen wie stark kürzen müssen. Insgesamt soll die Reduktion bis 2020 auf Basis von 2005 ein Fünftel ausmachen. Österreich käme - den bisherigen Rückstand miteingerechnet - auf eine Verpflichtung von minus 40 Prozent. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 09.01.2008)