Was einen britischen Historiker bei einem Hillary-Auftritt auf einer Viehauktion überzeugt hat, warum neoliberale Kolumnisten schon den "Untergang des Hauses Clinton" bejubeln - und andere publizistische Vorzeichen der New-Hampshire-Wahl.

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Für Ron Rosenbaum, Kolumnist des Online-Portals "Pajamasmedia", hat sich die demokratische Senatorin schon vor der Abstimmung in New Hampshire für den Titel "Verliererin des Jahrhunderts" qualifiziert.

Die Rede ist von Hillary Clintons super-herablassender Eröffnungsbemerkung beim Start ihrer New Hampshire-Kampagne: "Iowa hat, was seinen Stellenwert für die Nominisierungsentscheidung betrifft, keinen guten Ruf." - Vielleicht hab ich's ja nur vergessen, aber hat sie auch bei ihrer Iowa-Kampagne auf diesen Punkt hingewiesen? Hat sie ihren potenziellen Wählern also erklärt, wie gering sie ihre politisches Urteil einstuft? Wie bitte? Sie sagte es es erst hinterher? Das war nicht nur dumm und respektlos, sondern bereits so was wie eine Niederlagengarantie für New Hampshire. Oder denkt sie, dass es Wähler besonders schätzen, wenn sie damit rechnen müssen, im Fall einer Clinton-Niederlage im Nachhinein angespuckt zu werden?

Vor einem Jahr noch hätte ich eine Hymne auf sie geschrieben (das war bevor Obama antrat!). Nach diesem Auftritt verachte ich sie.

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Der Historiker Timothy Garton Ash legt der solcherart Geschmähten in einem Beitrag für den "Guardian" seine Bewunderung zu Füßen:

Hillary präsentiert sich, mit ihren 60 Jahren, absolut formidabel. Sie ist hervorragend über jedes Thema informiert, rhetorisch nahezu perfekt, tappt sie so gut wie nie daneben und ist als Politikerin so bewährt und erprobt wie noch niemand vor ihr. Bei einer Vieh-Auktion in Iowa scherzte sie kürzlich, dass ihr die Leute, um sich von ihren Qualitäten zu überzeugen, "ruhig ins Maul schauen könnten", so wie das die Farmer bei den Rindern machen, bevor sie sich für den Kauf entscheiden. Und die Wahrheit ist: Niemandem hat man weltweit je so tief "ins Maul geschaut" wie den Clintons.

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Die Kommentatoren des konservativen US-Magazin "Weekly Standard" erinnern daran, sie schon Anfang Dezember anhand "beleidigender" und "kindischer" Äußerungen Hillary Clintons über Obama Barack ihrem Wahlkampf ein böses Ende prognostiziert hätten, und fühlen sich durch die jüngsten Entwicklungen voll bestätigt: Die "Befreiung des Landes vom Clinton-Apparat" sei nahe.

Habt Dank, Wähler von Iowa, schreibt Herausgeber William Kristol, ihr habt das Werk begonnen, wir sind überzeugt, eure Brüder in den anderen Staaten werden es vollenden.

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Aus der Ursachenforschung eines kanadischen Bloggers, der das Wahlgeschehen bei einem Auslandsaufenthalt in Teheran via Internet verfolgt:

Hauptgrund für Hillarys Abstieg in der Wählergunst war aus meiner Sicht, dass sie eine der Grundregeln amerikanischer Wahlkämpfe außer Acht gelassen hat: In den fraktionellen Vorwahlkämpfen präsentiere dich als leidenschaftlicher Radikaler (in ihrem Fall links außen), um die maximale Zustimmung er gläubigen Parteibasis zu kriegen. Sobald du die Nominierung in der Tasche hast, kehre in die Mitte zurück und kämpfe auf nationaler Ebene als Zentrist. Ich bin sehr überrascht, dass Hillary diese Regel vergessen hat und einen zentristischen Wahlkampf führte - als wäre sie schon nominiert und müsste sich gegen den republikanischen Finalisten durchsetzen.

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Nachtrag eines Weblog-Kollegen in New York:

Bill Clinton kämpfte mit Al Gore. Hillary mit Al Batross. (DER STANDARD, Printausgabe, 8.1.2008)