Wien – Der Schwindel mit Ökostrom ist nicht auf Deutschland beschränkt, auch Stromversorger in Österreich motzen nicht ökologisch erzeugten Strom auf und binden ihm das Ökomascherl um. "Das ist gängige Praxis auch bei uns", sagte der Energiesprecher von Greenpeace Österreich, Jurrien Westerhof, dem STANDARD. Er schätzt, dass zehn bis 20 Prozent des nach Österreich importierten Stroms zwar aus Atom- oder Kohlekraftwerken stammt, auf der Rechnung aber als Ökostrom ausgewiesen wird.

Grundlage dafür ist das sogenannte Renewable Energy Certificate System (RECS), das parallel zur Stromkennzeichnungspflicht in einigen Ländern Europas im Herbst 2001, darunter auch Österreich, eingeführt worden ist. Nach einem Bericht des Spiegel kann ein Stromversorger Strom an der Börse zum Beispiel aus einem deutschen Atomkraftwerk um 7,0 Cent die Kilowattstunde einkaufen und mit einem Zertifikat um 0,05 Cent eines norwegischen Wasserkraftwerks veredeln.

Dessen Betreiber muss die entsprechende Menge seines Ökostroms in konventionellen umetikettieren. Der Energieversorger darf dann seinen Graustrom als Ökostrom vermarkten. Turbo des Zertifikatehandels sei die Stromkennzeichnungspflicht, sagte Westerhof. Da Länder wie Norwegen, Schweden Finnland oder Spanien die EU-Kennzeichnungsrichtlinie noch nicht umgesetzt haben, klopfen Interessenten aus Ländern mit Kennzeichnungspflicht verstärkt dort an.

Kritik an Novelle

"Wir würden eine rasche EU-weite Harmonisierung sehr positiv sehen", sagte EVN-Sprecher Stefan Zach. "Die EVN fördert durch ihre Einkaufspolitik erneuerbare Energien."

Nach dem Auslaufen der Begutachtungsfrist für die Novellierung des Ökostromgesetzes am Montag rechnen Experten, dass sich die Diskussionen noch bis Sommer hinziehen wird. Geplant ist unter anderem eine Anhebung der Fördermittel für Neuanlagen von derzeit 17 Mio. Euro pro Jahr auf 21 Mio. Euro. Der Förderzeitraum soll von derzeit durchschnittlich 11,25 Jahre auf zehn Jahre reduziert werden, wobei der zuständige Wirtschaftsminister aber den Geldfluss per Ermächtigung bis maximal 15 Jahre erweitern können soll.

Kritik an den Plänen gab es am Montag erneut von den Grünen, der FPÖ und Umweltverbänden. "Der neue Gesetzesentwurf bremst den Ausbau von Ökostrom", sagte die Umweltsprecherin der Grünen, Ruperta Lichtenecker.

Soforthilfe lässt auf sich warten

Warten müssen auch die Betreiber von Biogasanlagen, von denen einige wegen exorbitant gestiegener Rohstoffpreise – etwa für Weizen oder Rohmais – vor dem Konkurs stehen. Dem Vernehmen nach wurde der für Freitag geplante Beschluss einer Soforthilfe von der Tagesordnung des Ministerrates genommen.

Die SPÖ will nach Angaben von Klubchef Josef Cap neue Förderungen für Biogasanlagen erst nach Evaluierung der Anlagen verteilen. Erst danach könne man über Änderungen im Rahmen des Ökostromgesetzes nachdenken. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8.1.2008)