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Schwierige Konsensfindung: Kanzler Gusenbauer und der tschechische Premier Topolánek beim EU-Gipfel in Brüssel im Dezember.

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Wenn Tschechiens Premierminister Mirek Topolánek am Montag zu Besuch nach Wien kommt und sich mit den Spitzen der österreichischen Politik und Wirtschaft trifft, sind die Themen, um die es bei seinen Unterredungen gehen wird, relativ schnell ausgemacht: der erst kürzlich stornierte Auftrag für die Lieferung der Pandur-Radpanzer von Steyr an das tschechische Heer und natürlich auch der österreichisch-tschechische Dauerbrenner Temelín.

Beim Letzteren kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieses Thema sogar Topoláneks Wien-Visite überschatten wird. Den Ausschlag dafür könnten die jüngst öffentlich gewordenen Pläne zur Erweiterung des AKW Temelín geben (siehe Wissen), welche auch die bisher relativ konstruktive Arbeit des gemeinsamen interparlamentarischen Temelín-Ausschusses gefährden könnten.

Gremium tagte dreimal

Die Errichtung dieses Gremiums wurde im Februar vergangenen Jahres während des Antrittsbesuchs von Kanzler Alfred Gusenbauer in Prag bekanntgegeben. Bisher wurde dreimal getagt, und vor allem zu Beginn war zu spüren, wie viel gegenseitiges Misstrauen unter den Politikern herrscht.

Mittlerweile hat man aber zu einer sachlicheren Tonlage gefunden. So wurde etwa bei der letzten Sitzung im vergangenen Dezember in Èeské Budìjovice/Budweis die tschechische Staatliche Behörde für atomare Sicherheit aufgefordert, zusammen mit österreichischen Experten die Schweißstellen der Rohrleitungen im ersten Reaktorblock von Temelín zu überprüfen. Das vierte Treffen des Interparlamentarischen Temelín-Ausschusses soll im Frühjahr in Österreich stattfinden.

Aus für Rüstungsgeschäft

Für Gesprächsstoff bei Topoláneks Wien-Besuch wird sicherlich auch das Aus für das größte österreichisch-tschechische Rüstungsgeschäft der letzten Jahre sorgen: Ursprünglich sollte die Firma Steyr 199 Radpanzer an Tschechien liefern, doch der Auftrag wurde Ende November von der tschechischen Regierung storniert. Offizieller Begründung für das Platzen des Milliardengeschäfts war, dass Steyr einige wichtige Vertragsbestimmungen nicht erfüllt hat und zum Beispiel die 17 Probeexemplare der Panzerwagen, welche vom tschechischen Heer getestet werden sollten, nicht in der vereinbarten Austattung lieferte.

Die Regierung hat bis Ende Jänner ein Gutachten in Auftrag gegeben, und danach soll über die weitere Vorgehensweise entschieden werden. Premier Topolánek gab damals allerdings zu erkennen, dass Tschechien die Radpanzer brauche, wenn auch vielleicht nicht die ursprüngliche Stückzahl.

Tschechischer EU-Vorsitz

Es ist aber auch nicht auszuschließen, dass Topolánek in Wien bereits wegen der nahenden ersten Präsidentschaft Tschechiens in der EU (1. Halbjahr 2009) vorfühlen wird. Der tschechische EU-Vorsitz soll unter dem Motto "Europa ohne Barrieren" abgehalten werden, und Topolánek ließ in der Vergangenheit mehrfach zu erkennen, dass nach dem Beitritt Tschechiens zum Schengenraum nun auch der Abbau der Übergangsfristen bei der Personenfreizügigkeit an der Reihe ist. (Robert Schuster aus Prag, DER STANDARD, Printausgabe 7.1.2008)