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Die internationale Luftverkehrsbranche hat eine Bewährungsprobe vor sich angesichts sich eintrübender Wirtschaftsaussichten.

Foto: AP/Kaestner
Wien/Genf - Über der Luftfahrtbranche brauen sich schwarze Wolken zusammen. Das sieht man auch beim Weltluftfahrtverband Iata so. "2007 war für Fluglinien eines der besten Jahre. Aber wer bis jetzt geschäftlich nicht erfolgreich war, wird es wahrscheinlich nie sein", sagte Iata-Generaldirektor Giovanni Bisignani dem STANDARD.

Zwar verdiente die Airline-Industrie im Vorjahr 5,6 Milliarden Dollar und erzielte damit das beste Ergebnis seit 1999, als die Branche insgesamt 8,5 Mrd. Dollar erwirtschaftet hat. Doch das Resultat von 2007, das von einem stärkeren Passagieraufkommen als erwartet profitiert hat, beinhaltet nur eine schmale Marge von 1,1 Prozent - bei einem Umsatz von 490 Milliarden Dollar.

Ölpreis und US-Konjunktur drücken die Stimmung

Heuer erwartet Bisignani einen Rückgang der Erträge auf fünf Mrd. Dollar. Dieser Prognose wurde ein Ölpreis von 78 Dollar pro Barrel (159 Liter) unterstellt. Inzwischen hat der Ölpreis aber bereits einmal für kurze Zeit die 100-Dollar-Marke nach oben durchstoßen.

Zwei Faktoren seien verantwortlich, warum es deutlich schwieriger werde, positive Ergebnisse zu erzielen, auch wenn Geschäftsreisende und Urlauber derzeit doch für Spitzenauslastungen sorgen: der Rohölpreis und der eingetrübte Wirtschaftsausblick in den USA, einem der weltgrößten Märkte für zivile Luftfahrt und somit Benchmark der Industrie.

Zudem zeichne sich ab, dass auch das Wachstum der Weltwirtschaft abflacht - Schätzungen zufolge von 3,7 Prozent im Vorjahr auf heuer möglicherweise nur 3,1 Prozent.

Überkapazitäten durch neue Flotten

Diese Kombination wirtschaftlich negativer Aspekte kommt zu einem Zeitpunkt, wo die Auslieferung vieler neuer Flugzeuge ansteht. Diese zusätzlichen Kapazitäten sind mit ein Grund, warum es für die Luftfahrtbranche schwerer wird, angesichts eines sich abzeichnenden geringeren Passagieraufkommens bei gleichzeitig steigenden Kosten Gewinne zu erzielen.

In Indien und China spielt sich Vergleichbares schon ab; immense neue Flugzeugflotten haben dort zu Überkapazitäten und Verlusten geführt. Auch ist es fraglich, wie die boomenden Fluglinien des Mittleren Ostens ihre enormen Kapazitäten auf der Langstrecke profitabel absetzen können.

Zu bedenken geben Luftfahrtexperten auch, ob taktische Manöver der Fluglinien wie Treibstoffzuschläge oder Hedging sowie die überwiegend ausgeschöpften Kostenreduzierungsprogramme für ein positives Jahr 2008 noch ausreichen. Mehr Druck auf das Airline-Personal dürfte unausweichlich sein. Nach Zeiten der Entbehrungen erhöhen die Mitarbeiter aber ihrerseits den Druck auf die Gewerkschaften, weil sie wieder mehr verdienen möchten.

Nachfrage ist noch gut

Dennoch gibt es Positives zu berichten. Für 2008 gibt es noch genügend Nachfrage, Firmenreisebudgets wurden erhöht. Doch das kann sich schnell ändern, wenn etwa die US-Wirtschaft in eine Rezession stürzt. Europas Fluglinien sind für 2008 generell gut aufgestellt und profitieren zudem von ihrem geografischen Vorteil im lukrativen Langstreckengeschäft dank relativ gleich großer Distanzen nach Asien, Nordamerika oder in den Mittleren Osten. Und wenn die Branche nicht von einer Katastrophe konfrontiert wird, ist ein passables und durchaus lukratives Jahr möglich, aber eben nicht mehr so gut wie 2007. Fazit: Unter Fluggesellschaften wird es heuer zu weiteren Fusionen kommen; die Konsolidierung in der Branche dürfte sich beschleunigen. (Kurt Hofmann, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7.1.2008)