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Auch im kommenden Schuljahr werden die AHS-Plätze in Wiener Randbezirken begehrter sein als in den innerstädtischen Bezirken. An welchen Standorten die Gesamtschule kommt, ist weiterhin offen.

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Wien - Noch bevor das Wiener Modell für die Gesamtschule überhaupt fertig ist, erhielt es schon einen Dämpfer von Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP). Laut einer, von ihm in Auftrag gegebenen, Umfrage befürworten nur 18 Prozent von Österreichs Zehn- bis 19-Jährigen eine gemeinsame Schule der Zehn- bis 15-Jährigen. Das Vorgehen Hahns erzürnt die SPÖ, deren Bildungssprecher Erwin Niederwieser am Freitag "ein parlamentarisches Nachspiel" angekündigt hat.

Den Bau des Wiener Gesamtschul-Modells, das nach mehreren Verschiebungen bis zum Frühjahr 2008 stehen soll, dürfte das nicht gerade erleichtern. SP- und VP-Gemeinderäte müssen nun anhand eines von einer Expertengruppe des Wiener Stadtschulrates erstellten Konzepts bestimmen, ob und was daraus in Wien werden soll. Das neue Modell soll erst im Schuljahr 2009/2010 umgesetzt werden. Alle anderen Bundesländer starten bereits ein Schuljahr früher.

Susanne Jerusalem, Schulsprecherin der Wiener Grünen, hat ihre eigene Theorie, warum Wien die Ausnahme bildet: "Die Stadt ist säumig, weil sie mit dem Gesetz nichts anzufangen weiß", sagt sie. Der zwischen der Bundes-SP und der ÖVP ausgehandelte Kompromiss sieht nämlich vor, dass nur zehn Prozent aller Schulen pro Bundesland zu "gemeinsamen Schulen der 10- bis 14-Jährigen" werden sollen. Das ist der Wiener SP, die in der Bundeshauptstadt allein regiert, naturgemäß viel zu wenig.

"Eltern verunsichert"

In Wien wären tatsächlich nur sechs bis acht Schulen betroffen, bestätigt der Stadtschulrat - weit weg also vom Plan einer Gesamtschule für ganz Wien. "Die ÖVP weiß, wie sie das hintertreibt", sagt Jerusalem. Nach ihren Berechnungen könnten deutlich mehr Schulen daran teilnehmen, "wenn man das Gesetz voll ausschöpft". VP-Stadträtin Katharina Cortolezis-Schlager sagt, sie würde "die Ressourcen, die in das neue Modell fließen, lieber in die bereits vorhandenen kooperativen Mittelschulen stecken".

Ob eine Schule am Gesamtschulprojekt teilnimmt, werden aber Eltern und Lehrer entscheiden. Daher müssten auch bald die Informationskampagnen beginnen, fordert Jerusalem, vor allem wegen der Eltern von Hauptschulkindern, die sich weniger am Schulleben beteiligen als Eltern von Gymnasiasten.

Was manche Wiener Eltern ebenfalls bald entscheiden müssen, ist, in welche Schule sie ihre Kinder einschreiben. "Die Verunsicherung bei den Eltern ist heuer noch größer, Entscheidungen fallen noch schwerer", meint Cortolezis-Schlager. Schuld seien die laufenden Debatten und die Platzprobleme in AHS. Denn während im innerstädtischen Bereich Plätze frei sind, sind die Gymnasien in den Außenbezirken notorisch überfüllt. Alfred Mathuber, Direktor der Donaustädter AHS in der Polgerstraße, befürchtet auch heuer einen Ansturm. Vergangenen März musste er 100 Schüler abweisen.

Das Platzproblem hat nach jahrelangem Drängen Wiens auch der Bund erkannt. Im 22. Bezirk wird eine AHS am Contiweg gebaut, die ab dem Schuljahr 2009 ihren Betrieb aufnehmen soll. SP-Klubchef Christian Oxonitsch hat angekündigt, dass möglicherweise auch Container aufgestellt werden, wenn die Schulen überfüllt sind. Das sollte aber nur eine Notlösung sein, heißt es im Wiener Stadtschulrat. (Marijana Miljkoviæ Gudrun Springer, DER STANDARD- Printausgabe, 5./6. Jänner 2007)