Beirut - Die libanesische Regierung hat die Schiiten-Organisation Hisbollah beschuldigt, mit der fortgesetzten Blockierung der Wahl eines neuen Staatspräsidenten die Zerstörung des bestehenden politischen Systems zu betreiben. Die Regierung von Premierminister Fouad Siniora, die seit dem kollektiven Rücktritt ihrer schiitischen Mitglieder nicht mehr den Verfassungsauftrag des Religionsproporzes erfüllt, reagierte damit am Freitag auf die Forderung von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah nach einer Sperrminorität für die derzeitige Opposition in einer künftigen Regierung der nationalen Einheit.

Elfmal verschoben

Die Opposition, zu der auch die christliche Anhängerschaft von Ex-General Michel Aoun gehört, fordert von der prowestlichen Mehrheitskoalition ein Abkommen über die Bildung einer Allparteienregierung noch vor der Durchführung der Präsidentenwahl, die bereits elfmal verschoben wurde und nun am 12. Jänner erfolgen soll.

Nasrallah sei offenkundig darauf aus, das politische Vakuum an der Spitze der Republik so lange aufrecht zu erhalten, bis seine Forderungen erfüllt seien, heißt es in einem in Beirut veröffentlichten Kommunique der Rumpfregierung. "Seine Äußerungen offenbaren die tatsächlichen Pläne der Hisbollah, nämlich die Transformation des politischen Systems, die es ihr ermöglichen würde, mit einem Vetorecht alles zu kontrollieren."

Sondersitzung

Ägypten und Saudi-Arabien haben wegen der Libanon-Krise eine Sondersitzung der Arabischen Liga am kommenden Sonntag in Kairo beantragt. Nach Angaben aus Diplomatenkreisen sei dabei eine Verurteilung Syriens ebenso wenig vorstellbar wie eine an die Führung in Damaskus zu richtende Aufforderung, von ihrem Einfluss auf die libanesische Opposition Gebrauch zu machen, um die Blockierung der Präsidentenwahl in Beirut zu beenden. Der Libanon wird in Kairo durch Kulturminister Tarek Mitri vertreten sein, der seit dem Rücktritt von Außenminister Faouzi Salloukh dessen Funktionen ausübt.

Ohne Staatsoberhaupt

Seit dem Ende der Amtszeit von Präsident Emile Lahoud am 24. November vorigen Jahres ist der Libanon ohne Staatsoberhaupt. Grundsätzlich haben sich Mehrheitsbündnis und Opposition darauf geeinigt, den 59-jährigen Armeechef General Michel Sleimane (Suleiman) zum Staatspräsidenten Emile Lahoud zu wählen, doch verlangt die Opposition zuerst ein umfassendes Abkommen über einen "Machtausgleich". (APA/AFP)