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Ordentlich zu heben haben die heimischen Firmen am Wust an Formularen. Entgegen der politischen Versprechen werden sie jährlich mehr.

Foto: APA, R. Hendrich; Montage: I. Kohlhuber
Wien – Die Finanz sammle "immer neue Informationen ohne erkennbaren Wert" und häufe unter dem Vorwand des Kampfes gegen Steuerbetrug "Datenmüll" an. Von Ansätzen in Richtung Verwaltungseinsparung für Firmen sei "in der Praxis derzeit nichts zu bemerken". Die Diagnose von Klaus Hübner und Karl Bruckner, ihres Zeichens Präsident sowie Steuerrecht-Fachsenatsvorsitzender in der Kammer der österreichischen Wirtschaftstreuhänder, war eindeutig: "Die Kosten für Unternehmen sinken nicht, sie steigen", hieß es in einer Pressekonferenz am Donnerstag.

Hoher Aufwand für Buchhaltung

Insgesamt geben die österreichischen Unternehmen 4,3 Milliarden Euro für ihren Verwaltungsaufwand aus, ein Löwenanteil davon für steuerliche Buchhaltung. Die Regierung versprach im Vorjahr, dass bis 2010 dieser Betrag um 25 Prozent niedriger sein werde. Doch die Wirtschaftstreuhänder wollen dies noch nicht so recht glauben: Das wichtigste Formular für die Einkommenssteuererklärung sei etwa im Dezember von vier auf zwölf Seiten angewachsen, die Ausfüllanleitung hat mittlerweile 24 Seiten. Ähnliches passiere auch in anderen Steuerklassen. Bei der Umsatzsteuer müssen künftig die Vorsteuern für Kraftfahrzeuge und Gebäude getrennt ausgewiesen werden. "Firmen-Pkws sind in Österreich bis auf die Ausnahmen nicht vorsteuerabzugsberechtigt. Kollegen fragen bei der Kammer an, ob sie einen fiktiven Vorsteuerabzug angeben sollen", berichtet Bruckner. Und der Begriff "Gebäude" im Wortlaut komme in den Steuergesetzen gar nicht vor.

Teure Bürokratie

Eine Schätzung der Mehrkosten wollen die Steuerberater nicht abgeben, Bruckner deutet aber an: "Es gibt in Österreich fünf bis sechs Millionen Umsatzsteuervoranmeldungen pro Jahr – wenn man für jede eine Buchhalterstunde zusätzliche Arbeit pro Monat mit 30 bis 40 Euro ansetzt, erkennt man ungefähr die Größenordnungen, um die es geht." Die Kammervertreter betonten, sie seien in der Causa "Sprachrohr der Unternehmer". Zum Argument, wonach Steuerberater über die laufende Verkomplizierung eigentlich froh sein müssten, weil dadurch ihr Berufsstand unentbehrlich werde, sagte Hübner: "Es geht um den Standortwettbewerb. Das Finanzministerium sagt: Wir liegen ohnehin im Europavergleich im Mittelfeld. Mit den neuesten Entwicklungen werden wir uns aber verschlechtern."

Ein Sprecher von Finanzminister Wilhelm Molterer sagte am Donnerstag auf Standard-Anfrage, dass mit den Wirtschaftstreuhändern bereits im November vereinbart worden sei, es solle eine Arbeitsgruppe geben, die sich der Vereinfachung des Berichtswesens widmen werde. Diese solle im ersten Quartal 2008 ihre Arbeit aufnehmen. Das politische Versprechen, in den kommenden zwei Jahren, 25 Prozent der Verwaltungskosten für die Unternehmen zu senken, gelte nach wie vor und sei von den Ressorts per Ministerratsbeschluss bereits akzeptiert worden. Darüberhinaus sei ein Ziel der Steuerreform 2009/2010: "Vereinfachung, Transparenz".

Keine Vereinfachung

Eine Vereinfachung der Steuergesetze habe sich seit 1945 noch jede Regierung ins Programm geschrieben, trotzdem sei das Gegenteil passiert, kontern die Wirtschaftstreuhänder. Hübner und Bruckner konzedierten am Donnerstag jedoch auch, dass die Zusage zur Arbeitsgruppe "ein positiver Aspekt" sei, und diagnostizierten bei "ein, zwei Spitzenbeamten auch schon Einsehen" angesichts des im Umfang ausufernden Formularwesens. "Ein Umdenken hat zumindest bereits begonnen, das sind heute die Good News." Für das Veranlagungsjahr 2007 bringe dies den steuerpflichtigen Unternehmen jedoch nichts mehr. Die Wirtschaftstreuhänder hoffen also auf 2008. (Leo Szemeliker, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4.1.2008)