Harmen Scholtalbers (L), Raphael Sperrer und das Arbeitsgerät.

Foto:www.raphaelsperrer.com

Das Cockpit des Fast & Speed Buggy.

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Wien - "Durch Sanddünen zu fahren ist ein bisschen wie Schifahren im Tiefschnee. Du musst schauen, dass es dir die Schispitzen nicht frisst und du einsinkst, sonst wird es mühsam." Raphael Sperrer, begeisterter Tourengeher und sechsfacher österreichische Rallye-Staatsmeister tritt bei einem der letzten großen Abenteuer im Motorsport, der Rallye Euromilhões Lisboa Dakar, an. Beim Ritt durch die Wüste pilotiert der 42-jährige Oberösterreicher heuer einen 4,0 Liter V6 Buggy mit 285 Pferdestärken vom Team Fast & Speed. Es ist sein dritter Versuch, die Hauptstadt Senegals zu erreichen.

Ab 5. Jänner 2008 beginnt die "härteste Rallye der Welt" zum 30. Mal und dieses Jubiläum "feiern" die Organisatoren der A.S.O (Amaury Sport Organisation), allen voran "Mastermind" Etienne Lavigne, mit einer besonders selektiven Route. Erstmals seit 2002 müssen wieder an die 6000 Sonderprüfungs-Kilometer absolviert werden. Ausgangspunkt ist zum dritten Mal in Folge Portugal. Genauer gesagt die Hauptstadt Lissabon, wo am Samstag die Kulisse des Klosters „Mosteiro dos Jerónimos erneut den Rahmen für einen stimmungsvollen Auftakt bieten wird.

Neues Umfeld

Raphael Sperrer vertraut in diesem Jahr auf ein neues Team und einen neuen Beifahrer. Die holländische Buggy-Schmiede Fast & Speed ist in der Rallye-Raid-Szene keine Unbekannte: 2005 wurde Thierry Magnaldi mit einem ihrer Gefährte bei der „Dakar“ Gesamt-Achter, Sieger der Zweirad-Klasse und bester Privatfahrer. Bei der letzten Auflage glänzte der Ex-WRC-Profi Freddy Loix in einem Fast & Speed-Buggy mit tollen Zeiten. Der neue Co-Pilot Harmen Scholtalbers, ebenfalls Niederländer, kommt aus dem Rallye-Umfeld und spricht sehr gut deutsch. Sperrer hat mit ihm bei der OMV Rallye im Waldviertel in einem Vorausauto bereits eine "Trainingsfahrt" absolviert. Sinn der Sache war sich unter Druck besser kennen zu lernen, trug im Vorjahr doch ein Kommunikations-Problem entscheidend zum frühen Aus bei.

Ein fünf Meter tiefes Wasserloch war 2007 der Anfang vom Ende. Das Hindernis war zwar im Roadbook verzeichnet, die Information aber nicht bis zum Piloten vorgedrungen. 100 Meter vor dem Loch entschied sich Sperrer mit 180 Sachen Vollgas darüber zu springen. Die Hinterachse schaffte es nicht ganz, blieb am gegenüberliegenden Rand hängen und gab w.o.. Normalerweise kein allzugroßes Malheur. Auch Sperrers Teamchef kommunizierte: "Raphael wait for the T4, we continue." Das "Continue" dauerte dann 28 Stunden in den marokkanischen Bergen ohne Ausrüstung auf 1400 Meter und minus 5 Grad in der Nacht. Der schnelle Assistenz-LKW mit den nötigen Ersatzteilen war nämlich schon in Portugal liegen geblieben. "Das war ein bisserl mysteriös, an der Schmerzgrenze", resümiert Sperrer im Nachhinein.

Erfahrungssache

Knapp ein Jahr danach weiß der 42-Jährige mit dem unglücklichen Ausfall umzugehen – eine Erfahrung, die ihm bei den bevorstehenden 6.000 SP-Kilometern helfen sollte. "Die Dakar, oder besser gesagt der Erfolg dort, ist meiner Meinung nach hauptsächlich eine Erfahrungssache", so Sperrer. "Und da reicht nicht ein Start oder eine Zielankunft, da reicht auch ein dreimaliges Antreten nicht aus. Um dort wirklich erfahren im besten Sinn zu sein, muss man jahrelang immer wieder starten. Und selbst dann passieren den besten und ältesten Dakar-Profis immer wieder Fehler. Aber was ich jetzt noch konsequenter mache – weil das ja fast der einzige Bereich ist, den ich wirklich massiv beeinflussen kann, ist, mich noch gezielter und genauer vorzubereiten. Ich sehe mit jedem Jahr immer deutlicher, worauf es bei der Vorbereitung ankommt. Und das ist schon sehr viel wert."

Auch bei der Nahrung hat der erfahrene Rallye-Pilot schon seine eigenen Vorstellungen verwirklicht. Zwar passiert Essen und Trinken ohne kulinarischen Schnick-Schnack grundsätzlich im Auto, aber zur Anregung der Geschmacksnerven am Abend sind ein Stück Käse und Speck aus dem Kremstal in seinem Jausenbinkerl. Außerdem sind "eine Knoblauchzehe und ein Schnaps vom Bürgermeister" für den Notfall immer dabei.

Ziel ist das Ziel

Trotz aller Bemühungen, im Vorfeld das Optimum zu erreichen, weiß Raphael Sperrer, dass es enorm schwierig ist, das Ziel in Dakar zu erreichen: "Die Zielankunft hat für mich in diesem Jahr oberste Priorität. Nur, es gibt keine Garantie dafür. In Portugal geht es um Sekunden, in Marokko um Minuten, ab Mauretanien ums Überleben in der Zeitenliste. Ich werde versuchen, Spaß an der Fahrt zu haben, denn wenn einem das, was man tut, Freude macht, dann läuft es meistens gleich viel besser. Und Glück braucht man auch." (Alex Aigner, derStandard.at)

Technische Daten des Fast & Speed Buggy Rally Raid Buggy Evo III:

Motor: Der Buggy hat einen 4,0 V6 VTEC Motor, aufgebaut nach FIA Reglement T2 2WD
  • Leistung: 285 PS (mit 32 mm Restriktor)
  • Maximales Drehmoment: 400 Nm (von 2.000 bis 4.500 U/min.)

    Kraftübertragung:

  • Getriebe: Sequentielles 5-Gang-Renngetriebe, Transaxle (Fotin) Open-Differential
  • Kupplung: 2-Scheiben Sintermetall-Kupplung (Quartermaster)
  • Antrieb: Hinterradantrieb

    Chassis und Karosserie:

  • Aufbau: Multitube-Chassis, Aramide-Rumpf, zweitürige Karosserie aus Carbon-Aramide-Verbundwerkstoff, Sicherheitstank (Tankinhalt 340 Liter)

    Fahrwerk:

  • Vorderachse: Doppelquerlenker, Schraubenfedern
  • Hinterachse: Schräglenker, Schraubenfedern, Stoßdämpfer
  • Dämpfer: Reiger
  • Lenkung: Servolenkung
  • Bremsen: vorne belüftete Scheiben (310 mm), hinten belüftete Scheiben (307 mm) CNC-Aluminium-Bremssättel vorne (4 Kolben) und hinten (6 Kolben)
  • Felgen Vorderachse: zweiteilig 4 x 16" und 6x15" beat-lock
  • Felgen Hinterachse: 6 x 15" beat lock (Centerline)
  • Reifen: Vorderachse: BAJA 31x10x50x15, Hinterachse: BAJA 35x12x50x15

    Maße:

  • Länge/Breite: 4.420/2.170 (Angaben in mm)
  • Spurweite vorne/hinten: 1.900/1.850
  • Radstand: 3.060 mm
  • Gewicht: 1.400 kg