Wichtigstes Vorhaben auf dem Weg zum Lissabon-Ziel: die Evaluierung des gesamten Fördersystems, die noch im Jänner starten soll.

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Die Erwartungen sind groß und der Ansatz umfassend: "Die sehr große Anzahl der einzelnen Förderprogramme soll durch Portfolioanalyse, Bündelung und Prioritätensetzung weiter bereinigt werden. Die Ergebnisse von Evaluierungen sollen dabei starke Berücksichtigung finden."

Ob die angekündigte Systemevaluierung der Forschungsförderung und -finanzierung diesen Ansprüchen genügen wird, bleibt abzuwarten. Noch steht nicht fest, wer die Vermessung der Forschungswelt durchführen wird, wohl aber, dass erste Ergebnisse im Rahmen der Alpbacher Technologiegespräche vorliegen müssen. Der Endbericht wird für "Anfang 2009" erwartet. Für den umfangreichen "geistig-schöpferischen Dienstleistungsauftrag", der aus Dringlichkeitsgründen im beschleunigten Verhandlungsverfahren vergeben wird, haben die Bundesministerien für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) sowie Wirtschaft und Arbeit fünf Konsortien eingeladen.

Wie der Standard in Erfahrung brachte, werden von den "üblichen Verdächtigen" Offerte erwartet: Joanneum Research mit Technopolis und Universität Manchester, das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo mit KMU Forschung Austria und Prognos an Bord sowie die Systemforschung der Austrian Research Centers Seibersdorf. Sie und zwei weitere Anbieter müssen ihre Angebote bis 14. Jänner im BMVIT abgeben.

Was sich bereits vor Beginn der großen Nabelschau abzeichnet: Eine große Wirkungsanalyse der einzelnen Förderagenturen und Programme ist von der Evaluierung ebenso wenig zu erwarten wie die Enttarnung allfälliger Doppelförderungen durch direkte und indirekte Förderinstrumente. Der Grund: Die Evaluatoren können nicht auf Mikrodaten zugreifen, sie erhalten keinen Zugang zu firmenbezogenem Datenmaterial. Diese Schwachstelle des Systems hat der Rechnungshof zwar bereits vor mehr als zwei Jahren scharf kritisiert, eine Bundesdatenbank, in der über sämtliche staatliche Fördergeber und -nehmer vom Bund über die Bundesländer bis zu den einzelnen Betrieben akribisch Buch geführt wird, gibt es aber bis heute nicht.

Im Gegenteil. Die Ministerien gewähren für "volkswirtschaftlich wichtige Erfindungen" zwar Steuernachlässe in Millionenhöhe, wer deren Empfänger sind, rücken sie aber nicht einmal für die Evaluatoren heraus. So ist nicht auszuschließen, dass einzelne Forschungsprojekte sowohl mit Direktzahlungen als auch mit steuerlichen Förderungen im Rahmen des Forschungsfreibetrags oder der Forschungsprämie bedacht werden.

In dem vor Weihnachten vorgelegten Tätigkeitsbericht prangerte der RH erneut "Doppelgleisigkeiten und mangelnde Abstimmung im Bereich der Forschungsförderung" an. Er führt sie einmal mehr auf die Aufsplitterung der Forschungskompetenzen auf drei Ressorts zurück. Was die staatlichen Buchprüfer noch sehr stört: dass die seit Jahren eingesetzten Technologiemilliarden und Sondermittel teilweise lediglich der "Finanzierung von Budgetengpässen" der Ministerien dienten.

Für klare Sicht in diesem Dschungel wird also auch die nun anlaufende Portfolioevaluierung nicht sorgen. Auch wie viel an Wirtschaftswachstum, Investitionen oder gar Arbeitsplätzen ein in die Forschung investierter Euro auslöst, wird nicht errechnet werden. Aber es werde erstmals eine genaue Vermessung dessen vorgenommen, was an Geld jährlich für welche Maßnahmen und Instrumente ausgegeben wird, betont man im Ministerium. Und: ob und wie die einzelnen Instrumententypen zusammenwirken.

Worum sich im noch jungen Jahr 2008 sonst alles dreht: das Lissabon-Ziel mit seiner dreiprozentigen Forschungsquote (gemessen am Bruttoinlandsprodukt). Ihm bringt uns die gedämpfte Konjunkturprognose quasi automatisch näher, sofern die Ausgaben gleich hoch bleiben. Die (hochkonjukturell bedingten) Steuermehreinnahmen würden Forschungsrat und Wifo übrigens in Bildung, Unis und Akademie der Wissenschaften (ÖAW) investieren. Alle drei leiden unter Geldmangel, der der Exzellenz eher nicht zuträglich sein wird. ÖAW und Forschungsförderungsgesellschaft FFG haben überhaupt keine ordentlichen Budgets. (Luise Ungerboeck/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.1. 2008)