"Die Bankerin Claudia Schmied hatte heute Nacht nur eine kurze Zeit, um zu entscheiden, als Ministerin in die Bundespolitik zu wechseln", teilte die Austria Presse Agentur am 10. Jänner 2007 mit. Gleich in ihrer ersten Stellungnahme in der Zeit im Bild erklärte dann die designierte Unterrichtsministerin, sie wolle für die Gesamtschule "den Einstieg zum Umstieg" vorbereiten. Also das österreichische System einer Schulreform unterziehen, die es im Kern umkrempeln würde.

Und das war es dann auch, was das Jahr 2007 schulpolitisch prägte: Das hehre Ziel Gesamtschule, oder auch "Neue Schule", "Schule Neu", Modellschule und "Neue Mittelschule", wie sie gerne verschämt genannt wurde, um Gegner nicht zu verschrecken. derStandard.at hat die Höhepunkte des Koalitionsstreites noch einmal zusammengefasst.

Warm anziehen hieß es fortan für Gesamtschulbefürworter und –gegner. Der Kampf um das Wohl der Schüler, war, nun ja, etwas überdeckt vom Kampf der SPÖ gegen die ÖVP, oder auch umgekehrt, je nach Blickwinkel. Allen voran die Bundesgeschäftsführer der beiden Koalitionsparteien – Josef Kalina für die SPÖ und Hannes Missethon für die ÖVP - die sich in einer Fülle von Presseaussendungen nicht gerade zimperlich zeigten und gerne tief in die Schimpfwortkiste griffen.

Als "Reformblockierer und Bremser" bezeichnete Kalina gerne einzelne Mitglieder der ÖVP, die in Sachen Schulreform "Blockadepolitik" betreibe. Für den ÖVP-Bildungssprecher Fritz Neugebauer mit seinem "Verhinderungskurs" ließ er sich die Bezeichnung "Mister Njet" einfallen.

Auch sein Pendant, Hannes Missthon, lies seiner Kreativität freien Lauf. Der Ministerin warf er oft "dilettantischen Vorgehen" vor, wodurch sie die Zukunft "unserer Kinder blockiert" werde. Als Köchin eines Einheitsbreis, die über Lehrer, Schüler und Eltern "drüberfährt" wurde die Bildungsministerin auch gerne bezeichnet.

Kurz und gut: Da prallten ideologische Welten und Wertvorstellungen so heftig aneinander wie sonst selten in der österreichischen Innenpolitik. Und immer klarer wurde: Was die Unterrichtsministerin wollte, nämlich eine Gesamtschule für alle und überall, würde sie vom Koalitionspartner nicht bekommen.

Gerade als die Debatte friedlich zu werden drohte, brachte sich VP-Bildungssprecher Neugebauer - bekannt als vehementer Gesamtschulgegener - mit dem kreativen Vorschlag ein, Leistungstests schon für Dreijährige einzuführen. Da platze Bildungsministerin Schmied der Kragen, in einem ORF-Interview prägte sie für die ÖVP-Bildungspolitik das entzückende Wort "Sommerlochwahnsinn".

Die Stimmung war also, man kann es nicht anders sagen, etwas gereizt. Johannes Hahn und Claudia Schmied sprachen vorwiegend über die Medien miteinander, was zwar einen gewissen Heiterkeitsfaktor, aber wohl wenig Sinn hatte, da es ja immerhin nicht um Kleinigkeiten, sondern um eine gravierende Reform ging, bei der wechselseitiges Beleidigt-Sein nicht gerade angemessen schien.

Nachdem der Streit offenbar auch den Verhandlern selbst schon auf die Nerven ging, wurde schließlich im November das erzielt, was beide Seiten gerne einen "Kompromiss" nennen. Das Rezept: Eine Änderung im Schulversuchsparagrafen im Schulorganisationsgesetz soll neue Modellversuche zur Weiterentwicklung der Sekundarstufe I ermöglichen. Völlig offen ist allerdings, wie diese Versuche genau organisiert werden und wie viele Schulen tatsächlich teilnehmen.

Was von der großen Schulreform blieb: Ein Reförmchen mit unklarer Zukunft. Die "Modellschule" wird es nicht für alle Kinder, sondern nur für einige geben. Außerdem zieren sich die Länder und Gemeinden noch, sich dem neuen Modell anzuschließen. Die ÖVP bemüht sich sichtlich, nicht allzu offen in den Wunden des Koalitionspartners zu wühlen, die SPÖ macht mit einem leicht verkrampften Lächerln gute Miene zum bösen Spiel. Ja, schulpolitisch hätte sich ganz schön was tun können 2007. Es wurde dann doch nur ein Sturm im Wasserglas. (az, burg/derStandard.at, 31.12.2007)