Islamabad - Die Anhänger der ermordeten pakistanischen Oppositionsführerin Benazir Bhutto fordern weiterhin eine Untersuchung des Attentats durch die Vereinten Nationen. Nur so könne die Wahrheit ans Licht kommen, sagte ein Sprecher von Bhuttos Pakistanischer Volkspartei (PPP), Farhatullah Babar, am Donnerstag. Die Regierung von Staatschef Pervez Musharraf hatte am Mittwoch angekündigt, britische Experten würden die Ermittlungen unterstützen.

Weder eine eigenständige Untersuchung noch eine "vage ausländische Beteiligung" könnten die bestehenden Zweifel und Verdachtsmomente ausräumen, erklärte Babar. Das Regime habe jegliche Glaubwürdigkeit verloren. Nach Angaben aus London soll ein kleines Team von Scotland-Yard-Mitarbeitern Ende der Woche nach Islamabad reisen. Bhutto hatte einen Großteil ihrer acht Jahre im Exil in London verbracht, bevor sie im Oktober nach Pakistan zurückkehrte.

Aus der PPP kamen schwere Vorwürfe gegen den mächtigen Geheimdienst ISI. Bhutto habe am Tag des Mordanschlags auf einer Pressekonferenz Beweise vorlegen wollen, die ein "Komplott" des Geheimdienstes und der Wahlkommission belegten, erklärte PPP-Senator Latif Khosa. Damit hätte die Ex-Premierministerin Geheimdienst-Pläne zur Wahlfälschung aufgedeckt. Der Mord habe diese Enthüllungen verhindert.

Nach dem Attentat beschloss die zentrale Wahlkommission, die Parlamentswahl um sechs Wochen auf den 18. Februar zu verschieben. Die PPP verurteilte die Festsetzung des neuen Termins und erklärte, die Regierung sei nicht ehrlich an einer fairen Wahl interessiert. Die Partei wolle jedoch an der Wahl teilnehmen, um das Feld nicht der Gefolgschaft von Musharraf zu überlassen. Die ebenfalls oppositionelle Pakistanische Muslimliga (PML-N) des früheren Regierungschefs Nawaz Sharif schloss sich dieser Haltung an.

Neues Video zeigt Attentat

Unterdessen wurde über das Attentat neues Videomaterial veröffentlicht, das Zweifel an der Regierungsversion über den Tathergang aufkommen ließ. Der Film, der dem britischen Fernsehsender Channel 4 vorliegt, zeigt einen Mann, der aus nächster Nähe aus einer Handfeuerwaffe Schüsse auf Bhutto in ihrem offenen Wagen abgibt. Sie bewegt sich ruckartig nach oben, was deutlich an ihrem Haar und ihrem Schal zu sehen ist und darauf schließen lässt, dass sie getroffen wurde. Dann fällt sie in sich zusammen, und unmittelbar darauf wird ihr Fahrzeug von einer gewaltigen Explosion erschüttert. Die Regierung hat mitgeteilt, Bhutto sei nicht von Kugeln getroffen worden.

Fälschungen

Ein Berater der Politikerin teilte am Dienstag mit, Bhutto habe sich am Abend ihres Todestages mit Abgeordneten aus den USA treffen wollen, um ihnen ein Dossier über Vorbereitungen auf Wahlfälschungen zu übergeben. Der PPP-Abgeordnete Latif Khosa sagte, er habe den 160-seitigen Bericht selbst erstellt. Bhutto habe ihn persönlich Senator Arlen Specter und dem Abgeordneten Patrick Kennedy übergeben wollen. Khosa warf der Wahlkommission unter anderem vor, absichtlich drei Millionen Wahlberechtigte nicht in das Wählerregister aufgenommen zu haben.

Unterdessen traf der neue Vorsitzende der PPP, der 19-jährige Sohn von Benazir Bhutto, wieder in Dubai ein. Bilawal Bhutto Zardari wurde auf dem Flug in die Vereinigten Arabischen Emirate von seinen zwei Schwestern begleitet. Der Student der Oxford University will den Vorsitz nur in seinen repräsentativen Aufgaben übernehmen, die politische Leitung liegt offenbar bei Asif Ali Zardari, dem Witwer von Bhutto.

An der pakistanischen Börse führte die politische Unsicherheit nach der Ermordung Bhuttos zu hohen Kursverlusten. Der Karachi 100 Stock Index brach am Montag um 4,7 Prozent ein. Es war einer der größten Tagesverluste in der Geschichte der Börse. (red/Reuters/APA/AP)