Wien – Bei den Interessenvertretungen macht sich Enttäuschung über die Kulturpolitik des Bundes breit. Die Bilanz, die Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) kürzlich über ihr erstes Jahr zog, ist für die IG Kultur nachgerade ernüchternd: "Obwohl die Ministerin keine Möglichkeit auslässt, die Bedeutung von Kunst und Kultur für die gesamtgesellschaftliche Entwicklung hervorzuheben, gibt es kein einziges konkretes Vorhaben, das die regionale Kulturarbeit oder etwa Kulturarbeit von MigrantInnen stärkt."

Teilhabe am Kulturschaffen, Zugang zu Ressourcen, Entwicklung emanzipatorischer, gesellschaftspolitischer Kulturarbeit würden neben engagierten Kulturarbeitern "klare kulturpolitische Maßnahmen" benötigen. Doch diese "blieben im 2007, falls sie existieren, im Verborgenen".

Sabine Kock von der IG Freie Theaterarbeit ergänzt, dass der erzielte Kompromiss bei der Künstlersozialversicherung zwar "einige Erleichterungen, mildere Härtefalldefinitionen, aber kein strukturelles Überdenken des bisherigen Instruments" enthalte. Zudem seien "in der Sparte der darstellenden Künste die wesentlichen Rahmenprobleme politisch noch gar nicht bedacht, geschweige denn gelöst": Komplexe, permanent zwischen Anstellung und Selbstständigkeit pendelnde Arbeitsverhältnisse, verbunden mit zu geringen Förderhöhen, erschwerten die Existenz.

Gabi Gerbasits, Geschäftsführerin der IG Kultur Österreich, fasst die zwischen Ungeduld und Desillusionierung pendelnde Stimmung in der Zeitschrift kulturrisse zusammen: "Die Ministerin wird dort nicht gesehen, wo wir gehofft hätten, sie zu sehen. Bei Gesprächen mit den einzelnen Interessenvertretungen oder der IG Kultur Österreich. Dabei hätten wir so vieles zu besprechen." Gerbasits zählt auf:die soziale Lage der Künstler, die Schaffung von mehrjährigen Förderverträgen für Kulturinitiativen, das Beiratswesen, die Transparenz in der Verwaltung, die Ausländerabzugsteuer, die Unterstützung des kulturtheoretischen Diskurses etc. "Und das hätte nur der Anfang sein sollen."

Nach "sieben schweigsamen Jahren in der Kulturpolitik" sei man voll des Tatendrangs gewesen: "Wir warteten auf unser Gegenüber." Aber nun blicke man erstaunt ins Leere: "Nichts. Nichts, was nicht schon vorher da gewesen wäre." Man hätte zwar Themen in den verschiedenen Vorräumen deponieren dürfen, aber "dass sie je einen Weg durch jene Türen, durch die Staatsoperndirektoren und MuseumsdirektorInnen ein- und ausgehen, finden werden, glauben wir nicht." Denn deren Strahlkraft liege eben "weit unter der Wahrnehmungsschwelle".

Gerbasits gibt sich dennoch kämpferisch: "Wir wollen in den versprochenen Dialog eintreten. Wir wollen nicht wieder auf die nächste Regierung warten müssen." (Thomas Trenkler, DER STANDARD/Printausgabe, 28./29.12.2007)