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Wahlkampfplakate von Michail Saakaschwili prangen auf den Fensterscheiben der Busse in Tiflis. Der Ausnahmezustand vom vergangenen November bleibt in Georgien aber unvergessen.

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Am 5. Jänner sollen die Georgier bei vorgezogenen Wahlen einen neuen Präsidenten bestimmen und damit die monatelange Krise um den autoritären Stil des früheren Amtsinhabers Michail Saakaschwili beenden. Der bemüht sich um die Wiederwahl.

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Tiflis/Wien – Putschvorwürfe, vollmundige Versprechen, die Rückkehr des Königshauses als Allheilmittel: Eine Woche vor den vorgezogenen Präsidentschaftswahlen verliert der Wahlkampf in Georgien zusehends an politischem Gehalt. Nach dem Ausstieg von Badri Patarkatsischwili, einem Oligarchen und dem schärfsten Kritiker des früheren Staatschefs Michail Saakaschwili, steigt die Frustration unter den Georgiern.

Patarkatsischwili hatte am Donnerstag seinen Rückzug als Präsidentschaftskandidat angekündigt, ließ am Freitag aber wiederum erklären, dass er nominell Kandidat sein und für die „demokratischen Kräfte kämpfen“ wolle. Gleichzeitig setzte Patarkatsischwilis populärer Fernsehsender Imedi erneut sein Programm aus. Die Staatsanwaltschaft veröffentlichte zuvor ein Video, das angeblich Patarkatsischwilis Wahlkampfmanager im Gespräch mit einem Beamten des Innenministeriums zeigen soll. „Wir können am Wahltag provokative Akte inszenieren“, sagt darin der Manager, „wenn wir das tun, wird niemand glauben, dass die Wahlen fair waren.“

Treffen in London

Die georgischen Behörden veröffentlichten auch einen Audiomitschnitt, der Patarkatsischwili selbst bei einem Treffen mit dem georgischen Ministeriumsbeamten in London wiedergibt. Bei all den Vorwürfen geht es um Umsturzversuche, welche die Opposition mit russischer Hilfe plane. Der georgische Staat stehe einer „ernsthaften Gefahr“ gegenüber, erklärte etwa die amtierende Staatspräsidentin Nino Burdschanadse diese Woche. Patarkatsischwili, ein Freund und Geschäftspartner des Kreml-Gegners Boris Beresowski, wird allerdings selbst von der russischen Justiz gesucht. In der georgischen Öffentlichkeit hält sich vielmehr der Verdacht, die ständigen Putsch_gerüchte würden von der Regierung in die Welt gesetzt, um die politischen Gegner zu kompromittieren.

Die Demontage von Patarkatsischwili, der den Georgiern – gestützt auf seinen Reichtum – massive Geldversprechen gemacht hatte, bringt auch den Hauptkandidaten der Opposition in Bedrängnis. Levan Gatschetschiladse, ein Spirituosenunternehmer und parteiloser Abgeordneter, versuchte sich von den „schmutzigen Spielen“ Patarkatsischwilis und Saakaschwilis zu distanzieren. Gatschetschiladse wird von neun Parteien unterstützt, darunter auch von der Partei der früheren Außenministerin Salome Surabischwili. Sie soll im Fall eines Wahlsieges von Gatschetschiladse Regierungschefin werden.

Der 43-jährige Gatschetschiladse verspricht, das Präsidialsystem abzuschaffen, da es unter der Regierungszeit von Michail Saakaschwili zu einer zu großen Machtanhäufung gekommen sei. In einer jüngsten Studie kritisierte auch die „International Crisis Group“ in Brüssel autoritäre Tendenzen in Georgien. Gatschetschiladse unterstützt auch die Idee einer Wieder_errichtung der Monarchie. Das Königshaus der Bagrationi war 1802 vom russischen Zarenreich abgeschafft worden. Für eine konstitutionelle Monarchie hatte angesichts der innenpolitischen Krise im vergangenen Herbst Patriarch Ilia II. geworben.

Saakaschwili, der immer noch als Favorit der Wahlen gilt, versprach nun für seine zweite Amtszeit den Beitritt Georgiens zur Nato und die Wiedervereinigung mit den abtrünnigen Provinzen Abchasien und Südossetien. (Markus Bernath/DER STANDARD, Printausgabe, 29./30.12.2007)