Wien - Am Forschungsinstitut des St. Anna-Kinderspitals in Wien hat ein Team um Thomas Felzmann in jahrelanger Arbeit eine Vakzine mit sogenannten dendritischen Zellen entwickelt, denen Antigene des Tumors "verfüttert" werden. Nun startet eine Studie mit insgesamt 70 Patienten in mehreren österreichischen Krankenhäusern.

"Man kann bösartige Tumoren mit Impfstoffen auf verschiedenen Ebenen angehen. Auf der Tumorseite hat man ehemals versucht, durch das Einschleusen des Gens für Interleukin-2 die Abwehrreaktion des Patienten zu erhöhen. Man kann das mit synthetischen Peptiden und anderen Methoden versuchen", sagte Felzmann, der seit 1995 nach einem drei Jahre dauernden Forschungsaufenthalt an den US-Gesundheitsinstituten (NIH) an dem Wiener Kinderspital als Wissenschafter arbeitet.

Noch kein Durchbruch

Die andere Seite wäre die Beeinflussung des Immunsystems der Patienten - und zwar so, dass es einen Tumor aggressiver bekämpft. Der Experte: "Da gibt es seit 1995 zahlreiche Studien an Patienten. Zwei von ihnen waren bereits in der Phase II, in der Hinweise für eine Wirksamkeit gesammelt werden konnten. Doch ein Durchbruch steht aus."

Zellausdifferenzierung

Felzmann und sein Team sind auf dem Boden der letztgenannten Strategie tätig: "Wir entnehmen Patienten Monozyten aus dem peripheren Blut. Diese sind Vorläuferzellen für dendritische Zellen, welche dem Immunsystem Antigene von Krankheitserregern oder Tumoren zur Ausbildung einer Immunantwort präsentieren. Diese Monozyten werden in der Kultur zu dendritischen Zellen durch die Anwendung von Faktoren wie Interleukin-4 und GM-CSF ausdifferenziert ("ausgereift", Anm)."

Das ist aber nur der erste Teil der Herstellung der für jeden Patienten individuellen Vakzine. Der Wissenschafter: "In unserem Konzept wird Tumorgewebe von dem Patienten gewonnen, bestrahlt, zu einer Zell-Suspension verarbeitet und zusammen mit Substanzen wie Gamma-Interferon und Lipopolysaccharid (LPS, Anm.) den dendritischen Zellen 'verfüttert'."

Das bringt die dendritischen Zellen dazu, einerseits den Immunbotenstoff Interleukin-12 abzugeben, was bestimmte Immunzellen - die Th1-Zellen - aktiviert. Andererseits machen sie diese T-Zellen auch "scharf" für die Bekämpfung des Tumors. Felzmann: "Wir brauchen für eine therapeutische Krebsvakzine - zumindest wie wir es verstehen - aktivierte TH1-Lymphozyten, welche Killer-Lymphozyten darin unterstützen, Tumorzellen zu killen."

Erste Studien

Eine erste Phase-I-Studie an Kindern mit verschiedenen bösartigen Tumoren zeigte, dass die Strategie machbar und sicher sein dürfte. Ähnliches zeigte sich in einer weiteren Phase-I-Studie mit Patienten mit einem Nierenzellkarzinom, das an sich sehr schwierig zu behandeln ist.

Nun geht es wesentlich weiter. Felzmann: "Wir beginnen mit einer placebo-kontrollierten Phase-II-Studie mit insgesamt 70 Nierenzellkarzinom-Patienten. Es geht darum zu zeigen, ob wir ein Fortschreiten der Erkrankung hinausschieben können."

Studiensetting

35 der Probanden mit Nierenzellkarzinomen erhalten innerhalb von sechs Wochen sechs Mal die aus ihren dendritischen Zellen produzierte Vakzine. 35 andere Probanden erhalten hingegen ein Placebo, das für Ärzte wie Testpersonen nicht von dem echten Impfstoff zu unterscheiden ist. Man rechnet, dass binnen zwölf bis sechzehn Monaten alle Patienten in die Studie aufgenommen worden sind. Die endgültigen Ergebnisse dürften in rund drei Jahren vorliegen. Selbstverständlich ist die Teilnahme der Probanden an der Studie kostenlos, die Zustimmung der jeweiligen Ethikkommissionen liegt vor.

Felzmann: "Im Prinzip wäre diese Strategie für jeden Tumor verwendbar." Aber zuerst müsste sich zeigen, dass die Impfung die Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung wirklich verlängert. (APA)