Wien – Papier ist ja erfahrungsgemäß geduldig, Koalitionspapiere zwecks Regierungsbildung sind es erst recht. Denn wer ein Regierungsprogramm hat, kann anfangen zu regieren. Rot-Schwarz wollte nichts dem Zufall überlassen und vereinbarte auf 168 Seiten für die Jahre 2007 bis 2010 so ziemlich alles von A wie Außenpolitik bis Z wie Zusammenarbeit, internationale oder im Bereich Migration.

Aber auch die ureigenste Form der Zusammenarbeit in einer Koalition ist schriftlich fixiert. Nämlich die miteinander. Unter P wie „Parlamentarische Vorgangsweise“ ist alles geregelt, was ein gedeihliches Zusammenleben und Regieren der beiden schwierigen Koalitionspartner erleichtern sollte – nur im Bundesrat hat es in Sachen Pflege zuletzt nicht ganz funktioniert.

Der hehre Satz „Grundsätzlich werden die beiden Regierungsparteien ihre Anliegen auf Basis des Regierungsprogramms gemeinsam in Regierung und Parlament vertreten“ wurde nicht ganz grundsatztreu ausgelegt. Die ÖVP-Bundesräte gingen mit den Grünen fremd, die SPÖ blieb übrig.

Dieser nächtliche Seitensprung entspricht aber nicht so ganz dem Geist des Regierungsprogramms. Dort gibt es ja sogar einen ausführlichen Verhaltenskodex für Kontakte abseits der vereinbarten Zweierbeziehung namens Regierung. Die beiden Koalitionspartner SPÖ und ÖVP suchen demnach schön brav „auf Basis des Regierungsprogramms den Dialog mit allen im Parlament vertretenen Parteien“.

Dialog heißt es da, nicht Paarlauf, wie er bei der Pflege jetzt geschah. Aber für den Fall des Falles, „allenfalls“, gibt es auch explizite Spielregeln für engere Kontakte mit anderen als dem legitimen Partner – allerdings nur im Doppel: „Sofern sich beide Regierungsparteien darauf verständigen“, ist, nachdem etwaige Oppositionsvorschläge „sachlich und konstruktiv beraten“ wurden, auch „eine Beschlussfassung“ mit breiterer als nur rot-schwarzer Mehrheit möglich. (Lisa Nimmervoll/DER STANDARD, Printausgabe, 22.12.2007)