Dieses Mal als geistreicher, ja brillanter Essayist. Viele Jahre überschatteten die Kriminalgeschichten um den Amateurdetektiv Father Brown sein restliches Werk. Kein kleines Kunststück, umfasst doch die Werkausgabe seiner Schriften 34 Bände. Doch Chestertons Romane sind immer noch zu entdecken. Kugel und Kreuz etwa, das vieles zugleich ist: Sciencefiction- und Thesen- und Abenteuerroman, Liebesgeschichte, Freundschaftserzählung, Zeitanalyse, Wissenschaftskritik, philosophische Abhandlung mit essayistischen Einsprengseln. Ein Atheist und ein schottischer Katholik geraten im London des Jahres 1905 aneinander, fordern sich zum Duell heraus. Werden verurteilt, fliehen, entkommen aufs Meer und in die Luft und landen am Schluss in einem Irrenhaus. Und dort stellt sich heraus, dass nicht sie verrückt sind, sondern die Welt. Hinreißende Dialoge wechseln sich ab mit rasanten Autoverfolgungsjagden. All dies Chestertons Aphorismus erfüllend: "Für den fantasiebegabten Menschen sind alle Binsenweisheiten paradox, denn sie waren paradox in der Steinzeit." Erstaunlich, wie aktuell manche Ansicht und wie negativ so manche Ideologie hier auftritt. "Die Werke von Gilbert Keith Chesterton", so George Bernard Shaw, "sind voller Weisheiten und Warnungen, die, wären sie beachtet worden, Krieg, Seuchen, Verbrechertum und alle Schrecken der kapitalistischen Zivilisation schon längst abgeschafft hätten." (Alexander Kluy, DER STANDARD/Printausgabe, 22./23.12.2007)