Als 1989 die Außenminister an den Grenzen Stacheldrähte durchschnitten, gehörte ich zu jenen, die meine Wahlheimat Österreich als logische, weil natürliche Führungskraft aller Völker sahen, welche einst unter dem Doppeladler lebten. Diese wurden nicht nur beherrscht, sondern mit der Zeit auch emanzipiert - etwa meine Urheimat, die Länder der tschechischen Krone, die dabei ihren Weg sowohl zur starken Industrienation wie auch zur Demokratie gefunden haben.

Statt den älteren Bruder zu spielen, der rät, hilft und auch lobt, entschied sich Österreich fürs Schulmeistern, Streiten und Tadeln: Benes-Dekrete, Atomkraft, Zutritt zum Arbeitsmarkt, Themen, die es auch mit anderen Nachbarn gibt, wurden zu neuen Stacheln, welche die Wege mit neuen Zäunen versperrten.

Andere Europäer haben klüger gehandelt. Die Verschiebung der Schengengrenzen birgt für Österreich die Gefahr, dass künftig die Portugiesen, Belgier oder Finnen für enger verwandt gehalten werden. Die Glocke läutet zur letzten Runde: Rettet vom Familiennachlass, was noch zu retten ist! (Pavel Kohout, DER STANDARD, Printausgabe 21.12.2007)