Wien – „Bin da eh ich drin?“ Josef Kalina wirft einen strengen Blick in seinen neuen Dienstpass. Aber natürlich ist sein Gesicht drin und nicht eines der anderen 61 Bundesräte.

Kalina, im Hauptberuf SPÖ-Generalsekretär und seit Mitte November auch Bundesrat, ist in der Länderkammer ein geduldiger Zuhörer. Das muss er auch sein, denn am Mittwoch und Donnerstag werden in der zweiten Kammer des Parlaments jene weitreichenden Gesetze besprochen und beschlossen, die Anfang Dezember im Eiltempo durch den Nationalrat gingen: Asylgerichtshof, Verfassungsbereinigung, Sicherheitspolizeigesetz und auch das Ende der Pflege-Amnestie. Letztere ist im Bundesrat nun auf dem Prüfstand.

Kalina hört sich mit seinen Kollegen am Mittwochvormittag erst einmal die Debatte über den Asylgerichtshof an. Innenminister Günther Platter (ÖVP) ist prominentester Zuhörer. „Die SPÖ wird zustimmen, aber sie tut es, indem sie den Innenminister auffordert, moralisch korrekt mit diesen Menschen umzugehen“, sagt Albrecht Konecny (SPÖ). Entschlossen will er den Blick auf Platter richten, doch der ist gerade hinausgegangen. Gelächter in den ÖVP-Reihen.

Die Diskussion über das Asylgericht wird zuweilen zur Arigona-Debatte. Stefan Schennach, Fraktionschef der Grünen, bringt zwei Entschließungsanträge ein. Ziel: humanitärer Aufenthalt für Arigona Zogaj und für die Schwestern Milici. Platter verteidigt, auf seinen Platz zurückgekehrt, alles, was er schon in den vergangenen Monaten verteidigt hat. „All jenen, die Schutz und Hilfe brauchen, wollen wir sie geben“, sagt er. „Wirtschaftsflüchtlinge“ würden aber nicht dazugehören. Die Gesetze zu Asyl und Verfassung werden schließlich routinemäßig beschlossen, die Anträge der Grünen deutlich abgelehnt. Aber: Vier SPÖ-Bundesräte stimmen mit. Raunen bei der ÖVP. Einige ÖVP-Abgeordnete zählen nach, wie viele SPÖler die Hand heben.

Zweite Reihe

Dass sich Regierungskonflikte wie der rund um die Pflege in den Bundesrat verlagern, ist aber die Ausnahme. „Mir ist das fast zu spät“, sagt Andreas Schnider (ÖVP). „Generell sollte der Bundesrat schon früher eingebunden sein.“

Der fehlende Einfluss schweißt die Bundesräte aller Parteien zusammen. „Es kommt auch vor, dass wir Gesetzen zustimmen, die unsere Bundespartei nicht wollte“, sagt der Grüne Schennach mit gewissem Stolz. Oft gingen die Interessen der Länder und die des Bundes weit auseinander, sagt Schennach. „Das Hemd ist näher als der Rock.“ Schnider wünscht sich deshalb einen „selbstbewussten Bundesrat“ und dass – etwa bei der Pflege _– Vertreter der Länderkammer auch schon im Nationalratsausschuss sitzen.

Ob die Länderkammer in manchen Punkten ein wirkliches Veto-Recht bekommen soll, spaltet aber auch die Bundesräte. Neo-Bundesrat Kalina sagt dazu: „Ich muss mir das jetzt erst einmal eine Zeitlang anschauen.“ (kap/DER STANDARD, Printausgabe, 20.12.2007)