Moskau/Den Haag/London/Basel - Die Tageszeitungen in Europa befassen sich am Mittwoch mit der Wahl von Julia Timoschenko zur neuen Ministerpräsidentin der Ukraine und der von ihr angeführten Koalition. Im Folgenden Wortlautauszüge:

"Kommersant" (Moskau):

"Dass Timoschenko erst im zweiten Anlauf und mit dem denkbar knappsten Ergebnis von den Abgeordneten gewählt wurde, ist im internationalen Kontext nicht weiter ungewöhnlich. Viele europäische Länder mussten über längere Zeit ohne Regierung auskommen, weil eine stabile Koalition fehlte. Ungewöhnlich ist im Fall Ukraine etwas anderes. Da will ein Land in die Europäische Union, in dem ein Abgeordneter (Juri Jechanurow) noch schnell zum Verteidigungsminister gemacht wird, damit er seine entscheidende Stimme für Timoschenko abgibt. Zudem sind die wirtschaftlich stärksten und bevölkerungsreichsten Regionen des Landes im Osten praktisch von der Regierungsarbeit ausgeschlossen (...) Es ist aber unmöglich, nur mit einem halben Land in Europa mitzumachen."

"Financial Times" (London):

"Die Wahl wird gefeiert, aber Kiew muss dringend Reformen angehen. Die Ukraine hat zum ersten Mal eine Regierung mit einer parlamentarischen Mehrheit, die die pro-westliche Agenda von Präsident Viktor Juschtschenko unterstützt. Aber es ist angebracht, sich nicht zu viel von der zerbrechlichen neuen Regierung zu erwarten. Regierungschefin Julia Timoschenko wird um ihre Macht kämpfen müssen. Und sie und Juschtschenko müssen an einem besseren Verhältnis arbeiten. Die beiden, die in der Orangenen Revolution im Jahr 2004 kurz vereint waren, haben sich verkracht, als Juschtschenko ihre erste Regierung gefeuert hat (...) Für den Westen ist die neue Regierung auf jeden Fall ein kooperativerer Partner als die russisch-orientierte Regierung von Viktor Janukowitsch. Da Kiew jedoch noch die Nachbeben der Orangenen Revolution spürt, sollten die EU und die USA erst Mal kleine Brötchen backen."

"Basler Zeitung":

"Ist die politische Dauerkrise in der Ukraine nun beendet? Wohl kaum. Das Gespann Julia Timoschenko (Premierministerin) und Viktor Juschtschenko (Präsident) weckt zwar vor allem im Westen noch immer Hoffnungen, doch sind die Erfolgsaussichten dieser Zweckverbindung äußerst gering. Schon einmal, vor zwei Jahren, sind beide Politiker in derselben Konstellation an unüberwindlichen politischen Differenzen gescheitert. Die zähen Koalitionsverhandlungen und die chaotische Wahl Timoschenkos haben gezeigt, dass sich die Ausgangslage nicht wesentlich verbessert hat." (APA/dpa)