Assistenz für behinderte SchülerInnen gibt es bisher nur in einem Bundesland.

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"Soziale Themen haben zu Weihnachten immer Hochkonjunktur", nur dieses Jahr kann sich Diakonie-Direktor Michael Chalupka wenig darüber freuen. Denn während die Gesamtarbeitslosenrate 2007 im Vergleich zum Vorjahr um 3,5 Prozent gesunken ist, ist die Arbeitslosenrate von Menschen mit Behinderungen im gleichen Zeitraum um 3,9 Prozent gestiegen. Für Chalupka ist das ein Zeichen dafür, dass bei Jugendlichen die Integration in der Schule und der Übergang in den ersten Arbeitsmarkt noch immer nicht funktioniert.

Verschwundenes Thema

Der Diakonie-Direktor "sorgt" sich vor allem um das Thema Integration an Schulen – ein Thema, das heute so gut wie verschwunden sei. Was Chalupka besonders stört: "Integration ist für Menschen mit Behinderungen eine Standortfrage. Während es in manchen Bundesländern nur Sonderschulen gibt, werden in anderen Bundesländern behinderte SchülerInnen bestens integrieren."

Bestes Beispiel dafür: An Oberösterreichs Schulen führte die Diakonie 1990 zur Integration von Menschen mit Behinderungen die Schulassistenz ein. "Mittlerweile betreuen hundert Assistenten rund 300 Schüler", berichtet Martin Schenk von der Armutskonferenz. Diese helfen den behinderten Jugendlichen durch den Schulalltag. Ein "vorbildliches Projekt", das sich auf Bundesebene jedoch noch immer nicht durchgesetzt hat. "Es braucht Jahrzehnte, um gute Modelle umzusetzen", befürchtet Chalupka. Das Problem liege an den unterschiedlichen Regelungen in den Bundesländern.

"Ganz normaler" Unterricht

Neben der Schulassistenz gibt es laut Schenk noch weitere erfolgreiche Maßnahmen, nämlich "ganz normale Schulen", in denen Kinder mit Behinderung am normalen Unterricht teilnehmen. "In den Schulen hat sich der Unterricht verbessert, weil die Lehrer individuell auf die Kinder eingehen müssen", berichtet Schenk.

Medienarbeit

Außerhalb der Schule betreut die Diakonie noch weitere Beschäftigungsprojekte. In Köraus in Kärnten geben die BewohnerInnen eines betreuten Wohnhauses vierteljährlich die Zeitung "Lies wos Gscheit’s" heraus. "Eine Zeitung von Behinderten für Behinderte", bezeichnet die Behindertenpädagogin Silvia Konrad das Projekt. "Für ihre Beiträge erhalten die Mitarbeiter Taschengeld, künftig sollen sie dafür aber Lohn erhalten", so die Redaktionsleiterin.

Unternehmen aufklären

Warum trotz zahlreicher Beschäftigungsprojekte die Arbeitslosenzahlen bei Menschen mit Behinderung dennoch steigen, hat für Diakonie-Direktor Chalupka zwei große Gründe. Einerseits würden sich Behinderte nicht als begünstigt einstufen lassen – aus Angst, keine Arbeit zu finden. Denn - und das ist der zweite Grund - die Unternehmen haben Bedenken: "Viele Arbeitgeber glauben, sie könnten diese Menschen nicht mehr kündigen – was nicht stimmt." Das System müsse flexibler werden: "Der Schutz für behinderte Arbeitnehmer muss bleiben, aber Betriebe müssen besser aufgeklärt werden", schlägt Chalupka vor.

Den Anstieg der Arbeitslosigkeit von behinderten Menschen erklärt sich Staatssekretärin Christine Marek anders: Aufgrund eines AMS-Sonderprogrammes seien betroffene Personen vermehrt "mit Behinderung" eingestuft worden. Deshalb sei auch die Zahl der „begünstigten Behinderungen" im Vergleich zum November 2006 um 4,3 Prozent auf 26.080 Personen gestiegen. (lis/derStandard.at, 19. Dezember 2007)