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Ueli Maurer (links) mit Caspar Baader bei der Bundesrats-Wahl:

Foto: REUTERS/Pascal Lauener
Bern - Die Schweiz hat seit Donnerstag eine Mitte-Links-Regierung. Die nationalkonservative Schweizerische Volkspartei (SVP), die aus den Parlamentswahlen vom Oktober als stärkste Kraft hervorgegangen war, hat wie angekündigt den Gang in die Opposition vollzogen, nachdem ihr rechtspopulistisches Zugpferd, Justiz- und Polizeiminister Christoph Blocher, am Vortag aus dem Bundesrat (Regierung) abgewählt worden war. Das gestrige Resultat ist eine schallende Ohrfeige für die stärkste Partei und den einflussreichsten Politiker der Schweiz: Auf Eveline Widmer-Schlumpf entfielen 125 von 246 Stimmen, auf Christoph Blocher nur deren 115. Es war mit einer knappen Wiederwahl Blochers gerechnet worden, da nicht nur seine SVP, sondern auch die liberale FDP und Teile der christdemokratischen CVP für ihn stimmen wollten.

Die seit 1959 geltende sogenannte Zauberformel über den Regierungsproporz ("Konkordanz") der wichtigsten Parteien der Eidgenossenschaft ist damit hinfällig geworden.

Wahl angenommen

Die moderate SVP-Politikerin Eveline Widmer-Schlumpf, die nicht kandidiert hatte, hat ihre Wahl anstelle von Blocher nach einer Bedenkzeit angenommen und soll noch am Donnerstag vor der Bundesversammlung in Bern vereidigt werden. Wie die SVP-Fraktionsführung bekanntgab, gehört Widmer-Schlumpf damit ebenso wie der zweite SVP-Bundesrat, Verteidigungsminister Samuel Schmid, nicht mehr der Fraktion an.

Nach dem Ausscheiden der SVP sind noch drei Parteien in der Schweizer Regierung vertreten: die Sozialdemokraten (SP), die Freisinnigen (FDP) und die Christdemokraten (CVP). Widmer-Schlumpf war mit den Stimmen von SP und Grünen und von einem Teil der CVP-Mandatare gewählt worden.

Spaltung in SVP?

Bei der SVP erhärten sich in Bern die Spekulationen, dass es zu einer Parteispaltung kommen könnte. Es zeichne sich einer Zerreißprobe in der Fraktion ab, sagte der SVP-Nationalratsabgeordnete Hansjörg Hassler am Donnerstag in einem Radiointerview. Deutlicher wurde der SVP-Abgeordnete Hans Grunder. Er prüfe die Gründung einer eigenen Fraktion. Rechtliche Fragen müssten aber noch geklärt werden. Grunder schätzt, dass die neue Fraktion ungefähr zehn Mitglieder haben könnte.

"Aus Regierung aber nicht aus Politik"

Das Parlament habe ihn aus dem Amt entfernt, erklärte der abgewählte SVP-Bundesrat Christoph Blocher am Donnerstag vor der Schweizer Bundesversammlung in Bern. "Für mich ist klar, und das ist das Schöne in diesem Land: Das Parlament kann Leute aus der Regierung entfernen, aber nicht aus der Politik." So scheide er aus der Regierung, aber nicht aus der Politik, versicherte der bisherige Justiz- und Polizeiminister. Er werde sich "voll und ganz in den Dienst der Politik stellen, außerhalb der Regierung". Vielleicht werde das ja dazu führen, dass Regierung und Parlament das Richtige täten, aus Angst vor der Opposition.

Als Bundesrat habe er sich "mit ganzer Kraft und nach bestem Wissen und Gewissen in den Dienst des Volkes gestellt", sagte Blocher. Er schwanke zwischen "Erleichterung und Empörung": "Empörung weniger, weil Sie einen anderen Bundesrat gewählt haben, sondern wie Sie es getan haben. Erleichterung, weil ich nun wieder sagen kann, was ich denke."

Ob Christoph Blocher neuer Präsident der SVP Schweiz wird, hat er am Donnerstagnachmittag an einer Medienkonferenz offen gelassen. Möglich wäre dies aber schon, sagte er. Er werde jedenfalls seine ganze Kraft in die Partei einbringen.

"Leistungsausweis, Volkswillen, Volkswohl waren auf keinen Fall Motive dieser Wahl, sondern um etwas zu unterdrücken." Was habe er alles gehört in den letzten Monaten, dabei spreche er vor allem die CVP an: Konkordanz, Kollegialität, Amtsgeheimis - "sehr oft, um viel Dreck und Dinge zuzudecken, die niemand sehen durfte". Die Opposition mache es nun möglich, solche aufzudecken, unterstrich Blocher. (APA)