Johanna Rachinger, Generaldirektorin der Nationalbibliothek

"Obwohl der Lissabon-Vertrag leider wieder nur eine vage Absichtserklärung darstellt, ist es wichtig, dass er unterzeichnet wird, um zumindest die Diskussion um dringend notwendige Reformen am Laufen zu halten. Der Forderung nach einer Volksabstimmung kann ich nichts abgewinnen, ich halte sie für populistisch."

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Carla Amina Baghajati, Islamische Glaubensgemeinschaft:

"Prinzipiell ist es aus Sicht der islamischen Glaubensgemeinschaft zu begrüßen, wenn der europäische Einigungsprozess voranschreitet. Die EU wird dadurch handlungsfähiger. Positiv sehen wir den ständigen Dialog mit den Glaubensgemeinschaften, der festgeschrieben wurde und die Bekämpfung des Klimawandels."

Zu der Diskussion über eine Volksabstimmung sagt Baghajati:
"Es ist nachvollziehbar, wenn die Ratifizierung im Parlament stattfindet, denn dort sitzen die von den Bürger gewählten Vertreter."

Foto: Standard

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Barbara Prammer, Nationalratspräsidentin

"Der Reformvertrag wird weniger Veränderungen bringen, als der ursprüngliche Verfassungsvertrag. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass sich der Vertrag mit unserer Verfassung vereinbaren lässt. Es ist vollkommen klar, dass wir uns bei der gemeinsamen Verteidigungspolitik weiterhin in unserem eigenen Rahmen bewegen werden. Letztendlich bleibt die Entscheidung über die Beteiligung an militärischen Aktionen in Österreich. Wir werden uns also weiterhin genau im Rahmen unserer Verfassung bewegen."

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Rudolf Hundstorfer, ÖGB-Präsident

"Der Vertrag ist zwar nicht die Glückseligkeit, aber ein Fundament, auf dem aufgebaut werden kann. Europa müssen wir uns erarbeiten. Ein gemeinsames Europa heißt nicht schlafen, sondern laufen, laufen und wieder laufen."

Foto: Standard/Cremer

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Christoph Leitl, Wirtschaftskammer-Präsident

"Um auch im 21. Jahrhundert handlungs- und wettbewerbsfähig zu bleiben, braucht die Europäische Union einen starken Rahmen in Form des EU-Reformvertrages. Die Staats- und Regierungschefs müssen die gebotene Chance nutzen, um bei den europamüden Menschen Bonuspunkte zu sammeln.

Die Bürger kritisieren nicht zu viel Europa, sondern ein zu wenig handlungsfähiges Europa. Sie wünschen sich eine Union, die in der globalisierten Welt eine aktive und konstruktive Rolle einnimmt. Die Bürger wenden sich von der Union ab, weil diese nur mit sich selbst beschäftigt scheint. Europas Politiker müssen den Menschen endlich deutlich machen, welche konkreten Vorteile das Projekt Europa bringt."

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Wolfgang Schüssel, ÖVP-Europasprecher

"Der Lissabonner Vertrag ist eine wichtige Weiterentwicklung und macht die EU fit für die Zukunft. Dieser Vertrag hilft uns, dass die EU demokratischer und handlungsfähiger wird und dass die EU auf jene Ziele, die uns wichtig sind, stärker eingeht: erstmals sind in diesem Vertrag die Ziele des Klimaschutzes verbindlich festgeschrieben, erstmals nimmt sich die EU vor, eine gemeinsame Energiepolitik zu machen. Sind wir nicht gemeinsam stärker als einsam? Diese einfach Frage lässt sich doch mit einem klaren Ja beantworten!"

Zu der Diskussion um eine Volksabstimmung sagt Schüssel:
"Vor elf Jahren habe ich mich gemeinsam mit dem damaligen italienischen Außenminister Lamberto Dini für die Ermöglichung einer europäischen Volksabstimmung eingesetzt. Diese Möglichkeit wird auch kommen, dafür sollten wir gemeinsam kämpfen. Aber es macht sicherlich keinen Sinn, in jedem einzelnen Land oder in einer Region abzustimmen."

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Elisabeth Grossmann, SPÖ-Europasprecherin

"Mit 27 Mitgliedstaaten wäre die Europäische Union ohne ‚Spielregeln’ handlungsunfähig und wäre keineswegs in der Lage die Erwartungen, die die Menschen an ein Vereintes Europa haben, zu erfüllen. Es werden durch den Vertrag keinesfalls die Baugesetze der österreichischen Bundesverfassung geändert, was eine Volksabstimmung erforderlich machen würde.

Die Bevölkerung muss jedenfalls objektiv und umfassend über den Reformvertrag informiert werden. Leider verzerren tendenziöse Darstellungen nur allzuoft den Blick auf die Realität. Ein Spiel mit der Angst der Menschen vor Neuem ist verantwortungslos und ist aufs Schärfste abzulehnen."

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Verena Czaby, ÖH-Vorsitzteam

"Das Problem an dem Vertrag ist, dass die EU und die Politiker mit sich und anderen Politikern sich auf den Reformvertrag geeinigt haben. Es ist ein EU-Vertrag der Politiker und nicht der EU. Die Bevölkerung wurde nicht miteingebunden. Einige wenige haben sich das ausgemacht. Deswegen sehen das viele Leute auch so kritisch."

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Franz Vranitzky, Alt-Bundeskanzler

"Der EU-Reformvertrag ein deutliches Lebenszeichen eines historisch einmaligen Friedensprojektes. Wer gegen den Reformvertrag ist, ist auch gegen das Funktionieren der Europäischen Union."

Foto: Standard/Cremer

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Robert Menasse, Schriftsteller

"Politiker dürfen nicht alleine entscheiden. Das Europäische Projekt kann nicht gelingen, wenn es die Bürgerinnen und Bürger von der Gestaltung ausschließt.

Der Reformvertrag wird dem demokratischen Mindeststandard der Gewaltenteilung, der in den Mitgliedstaaten erfüllt war, nicht gerecht. Ohne Bürgerbeteiligung wird der Begriff Demokratie zu einer bloßen Floskel von EU-Sonntagsreden, und zu einem Katzenjammer von Montag bis Freitag."

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Erich Haider, SPÖ-Oberösterreich

"Ich bin der festen Überzeugung, dass so weitreichende Reformen wie der nun vorliegende Vertrag als Ersatz für den ursprünglichen Verfassungsvertrag der EU eine möglichst breite Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in Österreich aber auch europaweit nahe legen.

Es hat einem Staat und auch der Europäischen Union noch nie geschadet, die Bürger von so einem Reformwerk zu überzeugen und sie dann um ihre Meinung zu fragen. Wie ich überhaupt glaube, dass in Sachen Verfassung aber auch Verkauf von öffentlichem Eigentum das Volk entscheiden soll und nicht nur einige wenige Repräsentanten in Gremien. Man muss den Mut haben, die Menschen umfassend zu informieren und sich dann deren Votum stellen."

(rwh, derStandard.at, 12.12.2007)

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER