Da könnte ja ein jeder kommen. Wer kennt sie nicht, diese als Volksweisheit weitergegebene Sprachformel zur Abweisung unliebsamer Zeitgenossen? Die Zeiten haben sich geändert, was gestern war, gilt nicht mehr. Im neuen Österreich kann ein jeder kommen.

Den Beweis für diese Offenheit lieferten Präsidentschaftskanzlei und Bundeskanzleramt in schönem Gleichklang. Ein von der Staatspolizei unter Terrorverdacht gestellter Palästinenser kam dorthin zum Essen und Händeschütteln mit der Staatsspitze. Es ist nun nicht so, dass unsere Polizei einen Verdächtigen, von dem sie Namen, Anschrift, Geburtsdatum und Kragenweite weiß, dann nicht erkennt, wenn er leibhaftig vor einem Beamten steht. Es ist vielmehr so, wird argumentiert, dass eine Anzeige allein nicht ausreiche, den Mann vom öffentlichen Leben auszuschließen. Das haben wir auch schon anders gehört: Eine Anzeige wegen einer Wirtshausrauferei kann lebenslange Folgen haben, Abschiebung inklusive, wenn einer Asylwerber ist.

Im konkreten Fall ist das aber sicher etwas ganz anderes, der heute Terrorverdächtige könnte morgen schon eine wichtige offizielle Figur in Nahost sein. Wer weiß? (Der Staatsschutz jedenfalls nicht.) Am Wiener Ballhausplatz, die Herren Fischer, Gusenbauer und Platter arbeiten dort Haustür an Haustür, ist alles korrekt abgelaufen. Wir kennen das Bild: nichts sagen, nichts sehen, nichts hören. Den Polizisten hat eben niemand gesagt, dass sie eine Einladungsliste nicht nur anschauen und vielleicht wie ein Theaterbilleteur zur Hand nehmen, sondern auch überprüfen sollen. Also macht das auch keiner.

Das dürfen wir gar nicht, heißt es nun nach Rechtfertigung heischend. Deshalb wollen die Herren ja auch mehr Befugnisse. Gestern war es der große Lauschangriff, morgen ist es die Onlinefahndung, übermorgen nicht mehr nur der Trojaner im Heimcomputer, sondern vielleicht gleich ein Kontrollchip in jedes Bürgers und jeder Bürgerin Ohr.

Und die große Koalition gibt den Wünschen nach Aushöhlung der Bürgerrechte eilfertig nach. Dass die Sicherheitsdienste mit den neuen Möglichkeiten nicht allzu viel anfangen können (mit den alten sichtlich auch nicht), steht auf einem anderen Blatt. Dem politischen Treiben ohnmächtig zuschauen und darauf vertrauen zu müssen, dass die Polizei nicht viel zusammenbringt, ist eine bedrückende Aussicht. (DER STANDARD, Printausgabe, 1.12.2007)